Der Niedergang der Kultmarke Opel: Vom „Diplomat“ zum qualligen „Omega“

Einst Symbol der betulichen BRD, zwischendurch Proll-Auto und Objekt der Mantafahrer-Witze, ist Opel heute dem Untergang geweiht. Schuld ist die falsche Strategie.

Marke mit Patina: Opel. Hier in Rekord-Form. Bild: AP

FRANKFURT taz | Die sympathischste Anekdote in der langen Firmengeschichte der Adam Opel AG ist gleichzeitig die womöglich fatalste. Auf der Berliner Autoschau 1936 stellte Opel den P4 vor, einen serienreifen Kleinwagen für nur 1.450 Reichsmark.

Wichtigster Besucher war Adolf Hitler, der sein Volk mit einem erschwinglichen und daher staatlich subventionierten Untersatz beglücken wollte. Am Opel-Stand wurde der Diktator daher vom greisen Aufsichtsrat Wilhelm von Opel persönlich empfangen, leider mit allzu launigen Worten: „Heil Hitler, Herr Hitler! Und das, mein Führer, ist unser Volkswagen.“ Der „Herr Hitler“ reagierte indigniert auf diese Respektlosigkeit und verfügte kurz darauf, für das noch gar nicht ausgereifte Konkurrenzmodell des Ferdinand Porsche in Wolfsburg eine Produktionsstätte zu errichten.

Zu diesem Zeitpunkt war Opel noch eines der wichtigsten Unternehmen im Reich, das durch den Export erfolgreicher Automobile wie des „Laubfrosch“ die Hälfte aller Devisen erwirtschaftete. Wilhelm von Opel – Parteimitglied und SS-Sponsor – hatte in Deutschland zuvor nach Ford-Vorbild das Fließband eingeführt. Auch die abenteuerlustige Verwandtschaft röhrte auf der Jagd nach Geschwindigkeitsrekorden mit dem RAK2, einem raketengetriebenen Rennwagen, über die Avus.

Luis Trenker als Werbeträger

Als Werbeträger konnten Prominente wie der Bergsteiger Luis Trenker gewonnen werden. Dass Opel vor dem Verkauf von Autos als Erstes Nähmaschinen und anschließend Fahrräder produziert hatte, geriet langsam ins Vergessen. Erst mit dem Tod des Gründers Adam Opel hatte der Autobau begonnen. Als die ursprüngliche Nähmaschinenfabrik in der Wirtschaftskrise an den US-Riesen General Motors verkauft worden war, galt damals noch als Indiz für Weltläufigkeit und finanzielle Reserven. Im Zweiten Weltkrieg stellte Opel dann mit dem Lastwagen „Blitz“ das logistische Rückgrat der Wehmacht und baute Komponenten für Kampfflugzeuge.

Nach dem Krieg gehörte Opel sozusagen zur automobilen Inneneinrichtung der jungen Bundesrepublik. Im „Rekord“-Tempo konnte man sich damals vom „Kadett“ zum „Kapitän“ hocharbeiten und, in der Oberklasse angekommen, ganz gediegen „Admiral“ oder „Diplomat“ fahren.

Die Modellpalette repräsentierte rechtschaffenen Luxus mit Weißwandreifen und neckisch angedeuteten Heckflossen. Und so sahen die Fahrzeuge bis zum Ende der sechziger Jahre auch aus: solide, gutmütig und immer auch ein wenig durchschnittlich.

Während Modelle anderer Hersteller – allen voran der 3er BMW mit seinem Haifischgesicht – schon auf aggressivere Ästhetik setzten, schwärmte Opel noch von biederen Sehnsuchtsorten wie „Ascona“ und verharrte auch optisch in Betulichkeit. Als der Konzern endlich mit einer Coupé-Version des „Ascona“ reagierte, machte er damit alles nur noch schlimmer: Der untermotorisierte „Manta“ geriet zum halbstarken Möchtegernsportwagen und gilt heute als Blondinenwitz auf vier Rädern.

Dröge Modelle

Der Niedergang der Marke mag sich zwar auch im Design ausdrücken, hat seine Gründe aber vor allem in strategischen Fehlplanungen der aus Detroit bestallten Manager. Fast zehn Jahre brauchte das Rüsselsheimer Unternehmen, um auf den Erfolg von Kleinwagen wie VW Polo und Ford Fiesta mit dem Corsa zu reagieren. Während andere Brot-und-Butter-Hersteller wie Audi allmählich in die Premiumklasse aufstiegen, leistete sich Opel so dröge Modelle wie den qualligen Omega.

Wegen der selbstmörderischen Sparmaßnahmen des Managers José Ignacio López und zahlloser Rückrufaktionen verlor Opel in den späten achtziger Jahren auch noch den Ruf der Zuverlässigkeit („López-Effekt“). Von aktuellen Namen wie „Astra“, „Vectra“ oder „Insignia“ mag man halten, was man will – zum Träumen bringen sie nicht.

Dabei birgt gerade der Mangel an „Sportlichkeit“ Chancen. Als General Motors 2009 Opel kurzfristig verkaufen wollte, bot unter anderen auch der Solarzellenhersteller Solarworld für die deutschen Werke – mit der Absicht, Opel zu einem „grünen Hersteller“ zu machen. Diesen Weg beschreiten nun Opel und der Mutterkonzern in Eigenregie.

Während alle anderen deutschen Hersteller immer obszönere Geländewagen (SUV) produzieren, setzt Opel seit März 2012 auf das Hybridfahrzeug Ampera Volt als Image-, Technologie- und Hoffnungsträger, dessen Glanz schon jetzt auf die moribunde Marke abstrahlt. Hergestellt wird der Ampera freilich in den USA.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.