Der Sonntaz-Streit: Der Achselhaar-April

Fast alle jungen Frauen in Deutschland rasieren sich die Achseln oder den Intimbereich. Viele LeserInnen fordern: Schluss damit!

Madonna? Und unter welcher Achsel stecken die Haare? Bild: reuters

Bislang galt das Diktat der Rasur, doch Schauspielerinnen und Popstars wie Madonna bekennen sich zu Scham- und Achselhaaren. Bei vielen kommt das nicht gut an. „Bitte rasiert euch da unten“, sagt Rolf Eden, der als letzter deutscher Playboy firmiert. Schamhaare seien „unsexy“ und „unhygienisch“, findet Eden, da durch sie „schließlich auch alle möglichen Krankheiten übertragen werden könnten.“ Es sei „schrecklich“, wenn „eine Frau da unten einen Bart hat“.

Madonna hatte vor einigen Tagen beim Foto-Dienst Instagram ein Bild mit zart bewachsenen Achselhöhlen veröffentlicht . Follower der 55-Jährigen zeigten sich in den Kommentaren bestürzt und angewidert. Die Schauspielerin Christine Kaufmann sagte der Bild, sie wolle mit ihrem neuen Buch „Lebenslust“, auch "eine Lanze für mehr Schamhaar" brechen.

Mehr als 97 Prozent der jungen Frauen rasieren sich in mindestens einer Körperregion, das belegt eine Studie die Elmar Brähler, mittlerweile emeritierter Professor für Medizinpsychologie an der Universität Leipzig 2008 gemeinsam mit Aglaja Stirn vorgelegt hat. Die Soziologin Nina Degele kritisiert den Trend zur Enthaarung als Verkindlichung: „Wer Sexyness nur noch mit klinisch glatten Körpern in Verbindung bringen kann, die ihren Ausgang in Pornos nehmen, propagiert ein Frauenbild, das Frauen zu Mädchen macht: haarlos, sauber, kindlich.“ Degele sagte der taz, wer das Rasieren mit Hygiene begründe, „hat massenmediale Bilder von aufgeräumten und willigen Frauen erfolgreich verinnerlicht.“

Viele taz-LeserInnen wünschen sich in Online-Kommentaren und Zuschriften an die sonntaz einen entspannteren Umgang mit dem Thema. So schreibt Maria Müller per Email: „Dass Haare wachsen, sollte nicht politisch sein. Ich würde gerne meine Achsel- und Schamhaare aus anderen Gründen wachsen lassen. Zum Beispiel aus dem einfachen Grund, dass sie nun mal an einigen Körperstellen wachsen.“

Als der Völkermord in Ruanda begann, machte unsere Autorin, Tochter einer Tutsi, dort gerade Urlaub. Zwanzig Jahre später blickt sie zurück - und nach vorn. Wie Ruandas neue Generation versucht, ihr Land neu zu erfinden, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 5./6. April 2014 . Außerdem: Warum Maos Notizen zum Partisanenkrieg beim Computerspielen helfen. Und: Der Lyriker Yahya Hassan war gerade volljährig, als sein Gedichtband ein Bestseller wurde. Ein sonntaz-Gespräch über fehlende Vaterliebe und den Hass der Islamisten. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Und Luca Pot d'Or schlägt vor, Frauen könnten analog zum No Shave November, kurz „Movember“, in dem sich Männer ihre Bärte wohltätig wachsen lassen, einen „Achselhaar-April“ einführen. „Wer möchte, rasiert sich im April nicht mehr die Achselhöhlen und sammelt Aufmerksamkeit und Spenden für Krankheiten wie Depressionen oder Minderwertigkeitsgefühle bei jungen Frauen. Denn ein gesundes Selbstbewusstsein ist für eine natürliche Körperbehaarung schon mal eine gute Voraussetzung.“

Medizinforscher Elmar Brähler sagt, es müsse nicht zwangsläufig sein, „dass bald alle haarlos herumlaufen, vielleicht gibt es ja auch eine Gegenbewegung.“

Die Streitfrage diskutieren außerdem die frühere Pornodarstellerin Dolly Buster, der Schrecken der 68er-Bewegung, Rainer Langhans, und Deutschlands bekanntester Schönheitschirurg Werner Mang – in der taz. am wochenende vom 12./13.4.2014.

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