Der ewige Sepp Blatter: Reise in fremde Galaxien

Joseph Blatter ist 78 Jahre alt, will weiter Fifa-Präsident bleiben und träumt davon, interplanetare Meisterschaften zu veranstalten.

Wie lange denn noch, Sepp? Bild: ap

Auftritt Sepp. König Blatter spricht zu den Lehnsherren des Weltfußballs. Alle 209 Präsidenten der Fußballverbände, die in der Fifa organisiert sind, haben sich vor der WM in São Paulo zu ihrem Weltkongress versammelt.

Sie dürfen sich über milde Gaben aus dem Milliardensäckel der Fifa freuen. Weil die Geschäfte gut laufen, bekommt jeder Verband 750.000 Dollar Bonusprämie zu den regulären Ausschüttungen von 7 Millionen Dollar. Der König gibt, die Lehnsherren nehmen, und am Ende wundert sich kaum einer, dass der König keinen Grund sieht, abzudanken.

Blatter ist ein König, der gewählt werden muss. Beim nächsten Fifa-Kongress will er wieder antreten. Es gab Ideen, die das unmöglich gemacht hätten. Doch der Antrag, ein Alterslimit für die Spitzenfunktionäre der Fifa einzuführen – oder zumindest eine Amtszeitbeschränkung –, wurde niedergestimmt. König Sepp fühlt sich mit seinen 78 Jahren nach wie vor auf der Höhe seiner Schaffenskraft. 2015, wenn die nächste Wahl ansteht, stellt er sich noch einmal zur Verfügung. Er strebt eine fünfte Amtszeit an.

Die Nörgler aus Europa, die aufgrund immer neuer Enthüllungen um Bestechungszahlungen im Zusammenhang mit der WM-Vergabe nach Katar 2022 lauter meckern als in den vergangenen Jahren, scheint der ewige Sepp nicht sonderlich ernst zu nehmen.

Gegenwind aus der Uefa

Von denen hatte sich am Dienstag der englische Verbandschef Greg Dyke am weitetesten aus dem Fenster gelehnt, indem er Blatter ins Gesicht sagte, dass es viele Uefa-Mitglieder gebe, die fänden, die Fifa habe einen schlechten Ruf, und der könne nur besser werden, wenn Blatter endlich abtrete.

Auch der Chef des niederländischen Verbandes, Michael van Praag, will Blatter loswerden: „Fast niemand nimmt die Fifa mehr ernst, und wie man es dreht und wendet, Blatter ist dafür verantwortlich“, sagte er. Sogar der deutsche Fußballherr, DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, wünscht sich eine Kandidatur des Uefa-Chefs Michel Platini aus Frankreich für das Amt des Fifa-Präsidenten. Kongress am Donnerstag hielten sie sich dann jedoch alle brav zurück. Die Sepp-Show verlief ohne jeden Misston.

Das liegt gewiss auch daran, dass es auch im ach so guten alten Fußballkontinent jede Menge treuer Blatter-Vasallen gibt. Ein solcher ist etwa der Spanier Ángel María Villar Llona, der seinen Heimatverband seit mittlerweile 26 Jahren anführt und somit so etwas wie ein natürlicher Feind jeder Amtszeitbeschränkung ist.

Blatter selbst hat Villar Llona, der süße 64 Jahre jung ist, in einem Interview gar einmal selbst als seinen möglichen Nachfolger an der Fifa-Spitze ins Gespräch gebracht.

Ein einiges Europa, das gegen König Sepp revoltiert, wird sich so schnell also nicht formieren.

Und so kann es gut sein, dass der Sepp weiter unbehelligt an seinen Plänen stricken darf. Die haben am Donnerstag doch einige überrascht. Dass er, der sich erst spät für die Einführung einer Torlinientechnologie eingesetzt hat, sich plötzlich einen Videobeweis vorstellen kann, für den das Spiel nach einer umstrittenen Szene bis zu vier Mal unterbrochen werden darf, damit hat nun wirklich niemand gerechnet. Und schon gar nicht damit, dass Majestät daran denken, interplanetare Wettbewerbe auszutragen. „Wir fragen uns, ob unser Spiel auch auf anderen Planeten gespielt wird“, sagte er allen Ernstes. Und es darf ihm durchaus geglaubt werden, dass er sich mit dem Aufbau eines interstellaren Fußballverbands lieber beschäftigen würde als mit der Aufarbeitung der jüngsten Fifa-Vergangenheit.

Dafür hat die Fifa den ehemaligen US-Bundesanwalt Michael Garcia verpflichtet. Auch er hatte seinen Auftritt auf dem Kongress. Doch er sagte nicht viel. Immerhin will er die jüngsten Enthüllungen der Sunday Times, nach denen der Katarer Funktionär Mohamed bin Hammam mit Gaben im Wert von umgerechnet über 3,5 Millionen Euro Stimmen für Katar als Ausrichter der WM 2022 besorgt und auch Franz Beckenbauer mit schönen Einladungen gewogen gestimmt haben soll, in seinen Bericht einfließen lassen. Doch erst nach dem WM-Turnier in Brasilien will er seine Erkenntnisse der Fifa übergeben.

Der Sepp wird schon damit umzugehen wissen. Er ist ohnehin schon um Etliches weiter. Seine Schlussworte am Donnerstag lauteten: „Meine Mission ist noch nicht zu Ende, und ich sage euch: Wir werden eine neue Fifa bauen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.