Der sonntaz-Streit: Brauchen wir die Piraten noch?

Am kommenden Samstag ist Bundesparteitag der Piraten. Sie besetzten wichtige Themen und feierten Erfolge. Dann demontierten sie sich selbst.

In Zeiten des digitalen Wandels droht den Piraten die Bedeutungslosigkeit. Bild: dpa

Am kommenden Wochenende trifft sich die Piratenpartei zum Bundesparteitag in Bochum. Auf dem Programm steht die Zukunft der Partei nach der verlorenen Bundestagswahl. Jene Zukunft also, die bereits einmal Gegenwart war. Denn noch im Jahr 2012 war alles bestens: Die Piraten zogen nach ihrem Erfolg bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2011 in drei weitere Länderparlamente ein. Bei der Sonntagsfrage zur Bundestagswahl erreichten sie phasenweise zweistellige Ergebnisse.

Die erst 2006 in Anlehnung an das schwedische Vorbild gegründete Partei eilte von Sieg zu Sieg. Sie galt als das interessanteste politische Projekt, das die Berliner Republik bis dato gesehen hatte. Unermüdlich beackerten die Piraten die digitalen Themen und schlossen so eine klaffende Lücke in der politischen Landschaft. Sie rief nach politischer Transparenz und wurden vom Wähler erhört.

Die politische Diskussion kam ohne die Begriffe Basisdemokratie und Liquid Feedback nicht mehr aus. Die Notwendigkeit der Partei schien unbestritten. Den Etablierten wurde die Fortentwicklung demokratischer Strukturen nicht mehr zugetraut.

Die Antworten auf den sonntaz-Streit lesen Sie am 4./5. Dezember 2014 in der taz.am wochenende. Mit großen Reportagen, spannenden Geschichten und den entscheidenden kleinen Nebensachen. Mit dem, was aus der Woche bleibt und dem, was in der nächsten kommt. Am Kiosk, //taz.de/e-kiosk/!114771/:eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und für Fans und Freunde: //www.facebook.com/sonntaz:facebook.com/sonntaz

Angriffe hielt die Partei aus. Die Vorwürfe „Spaß-“ und „Ein-Themen-Partei“ zu sein, perlten an ihr ab. Man gab sich selbstsicher, verkündete: Wenn die Partei wächst, wächst auch das Themenspektrum. Man wolle sich am Werdegang der Grünen ein Beispiel nehmen. Irgendwann könne man sich dann auch zur Gesundheitspolitik im Bund äußern.

Nur noch „Sonstige“

Doch auf ihrem Siegeszug, der sie in den Bundestag tragen sollte, kamen die Piraten vom Kurs ab. Das Ergebnis: 2,2 Prozent bei der der Wahl im Herbst. Magere 0,2 Prozentpunkte mehr als beim ersten Versuch 2009. Am Ende fanden sie sich in der Rubrik wieder, die politische Bedeutungslosigkeit signalisiert: „Sonstige“. Was war passiert? Waren all die zuvor als richtig erachteten Forderungen auf einmal überflüssig geworden? Wohl kaum – auch wenn bis auf die Union plötzliche alle Parteien ihre Liebe zur direkten Demokratie entdeckten und sich zaghaft und in kleinen Lettern Netzpolitik auf die Fahne schrieben.

Die Gründe, warum die Piraten die selbstgesteckten Ziele nicht erreichten, sind andere. Die gelebte politische Transparenz verursachte Nebenwirkungen. Am Ende fand nicht nur die politische Willensbildung öffentlich statt, sondern auch Ränkespiele und Mobbing. Verantwortliche traten schneller zurück, als sie gewählt werden konnte. Das Bild der fortschrittlichen Partei nahm immer größeren Schaden. Am Ende war die Piratenpartei nur noch eine unter vielen.

Einfach ignoriert

Darunter litt die Glaubwürdigkeit. Die Konsequenz: Nicht einmal die größten thematischen Steilvorlagen konnten in Wählerstimmen umgemünzt werden. Im Abhörskandal um NSA und GCHQ wurde die Partei der „Softwareentwickler und Internetfreaks“ gänzlich ignoriert, obwohl sich Verantwortliche wie Innenminister Friedrich („Sicherheit ist ein Supergrundrecht“) bis auf die Knochen blamierten.

So sind zwei zeitnah aufgenommene Porträts ein und derselben Partei entstanden: einmal als digitale Demokratieretterin, das andere Mal als entbehrlicher Nichtsnutz. Was stimmt nun? Brauchen wir die Piraten noch?

Diskutieren Sie mit! Die sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlicht sie in der sonntaz vom 4./5. Januar 2014. Der Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit dem Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Oder schicken Sie uns bis Mittwoch, 1. Januar, eine Mail an: streit@taz.de

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