Deutsch-türkische Universität : Brückenschlag am Bosporus

Im Herbst soll in Istanbul der Grundstein für die deutsch-türkische Universität gelegt werden, ein Jahr später dann der Lehrbetrieb beginnen – in provisorischen Räumen.

Die Bosporus-Bruecke in Istanbul. Sie verbindet Europa mit Asien. Bild: ap

ISTANBUL taz | Es ist die pure Idylle. Am Ende einer großen Baumschule, eingerahmt von zwei bewaldeten Hügeln, erstreckt sich ein grünes Tal, 12 Hektar groß. Hier soll in wenigen Jahren die deutsch-türkische Universität von Istanbul stehen. "September oder Oktober können Sie sich im Kalender vormerken", sagte die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Piper, in Istanbul. Dann soll Bundespräsident Christian Wulff wahrscheinlich mit seinem türkischen Kollegen Abdullah Gül den Grundstein legen.

Im März dieses Jahres, unmittelbar vor dem Besuch von Kanzlerin Angela Merkel in Ankara, hatte das türkische Parlament das Gesetz zur Errichtung der gemeinsamen Universität verabschiedet und auch den Ort festgelegt. An fünf Fakultäten mit bis zu 5.000 Studenten soll hier gelernt und geforscht werden.

Das Projekt ist ehrgeizig, es wird, wenn alles klappt, "die größte deutsche Universität im Ausland", wie Piper betonte. Die Unterrichtssprache soll laut Piper anders als in anderen deutschen Auslandsuniversitäten "Deutsch sein". "Wir hoffen, dass sich die Absolventen der deutschen Schulen in der Türkei, aber auch Schüler aus Deutschland und die wachsende Zahl türkischer Migrantenkinder, die Abitur macht, für die Uni in Istanbul interessieren werden", beschreibt Piper die Zielgruppe.

Die Universität soll ein weites Spektrum an Natur- und Geisteswissenschaften sowie Wirtschaft anbieten, die TU-Berlin wird der wichtigste Projektpartner von deutscher Seite. Dort soll türkischen Studenten auch die Möglichkeit geboten werden, einige Semester in Deutschland zu absolvieren, damit auch echte Netzwerke entstehen können.

Noch sind etliche Fragen ungeklärt. Zurzeit läuft das Ausschreibungs- und Auswahlverfahren für den Gründungsrektor der Uni, der ebenfalls im Herbst vom Hohen Universitätsrat der Türkei (YÖK) bestimmt werden soll. Ihm zur Seite wird ein deutscher Vizerektor stehen.

Finanziell wird die Türkei den größten Anteil übernehmen, die Bundesregierung hat nach Angaben von Piper für die kommenden vier Jahre "zunächst 12 Millionen Euro bereitgestellt". Davon sollen hauptsächlich Personalkosten deutscher Dozenten bestritten werden. Geht alles nach Plan, wird ein deutsch-türkisches Gründungsteam ab Herbst alle Vorbereitungen treffen, damit die Uni zum Wintersemester 2011/12 in Betrieb gehen kann. Zwar noch nicht auf der grünen Wiese - die Bauzeit wird mindestens drei Jahre betragen -, sondern in angemieteten Räumen.

Bis dahin müssen die Fragen des Curriculums genauso geklärt sein wie die Zulassungsbedingungen. Die Türkei kennt kein Abitur, sondern regelt den Zugang zu den Universitäten über eine landesweite Prüfung. Für die deutsch-türkische Uni soll aber auch ein Abitur als Zulassung gelten.

Berlin und Ankara erhoffen sich durch die Universität eine engere Zusammenarbeit im wissenschaftlichen und kulturellen Sektor. "Für uns ist es wichtig, die Türkei auch hierin enger an Europa zu binden", beschreibt Piper die deutschen Motive. Die Türkei setzt durch die Universität vor allem auf einen Know-how- und Wissenschaftstransfer.

Geht die Universität im kommenden Jahr an den Start, würde ein Projekt umgesetzt, das bereits in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts anvisiert worden war. Schon während der 30er Jahre hatten Flüchtlinge aus Nazi-Deutschland die türkische Universitätslandschaft stark geprägt, vielleicht kann man an diese Tradition anknüpfen.

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