Deutsche Datenschützer zu Facebookleck: Nur die Spitze des Eisbergs

Merkel kritisiert Facebook – Datenschützer fordern die Politik zum Handeln auf: Die Firmen bräuchten schärfere Regeln zur Informationspflicht.

Ein Facebooklogo an einer Wand, darunter stehen Menschen

Der Datenzugriff funktioniert über Apps, die die Facebook-Nutzer installiert haben Foto: reuters

BERLIN taz | Der Fall Facebook und der mutmaßliche Datenmissbrauch werden zur Chefinnensache. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnte im Bundestag einen besseren Datenschutz an. Das, was beim weltweit größten sozialen Netzwerk passiert sei, sei nur ein Ausschnitt, sagte Merkel in ihrer Regierungs­erklärung. So sieht das auch ihre Parteikollegin Andrea Voßhoff. Deutschlands oberste Datenschützerin spricht von einem alarmierenden Beispiel für die Risiken der Profilbildung im Netz. Und davon, dass sie und ihre Kolleg*innen seit Jahren vor Datenkraken warnen.

Vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass die britische Analysefirma Cambridge Analytica Zugriff auf Facebook-Daten von rund 50 Millionen Menschen gehabt haben soll. Vermutet wird, dass mit diesen Informationen die US-Wahlen beeinflusst wurden. Cambridge Analytica bestritt den Angaben nach einen Großteil des Wahlkampfs für den heutigen US-Präsidenten Donald Trump.

Der Datenzugriff funktioniert über Apps, die die Facebook-Nutzer installiert haben. Entwickler und Anbieter können nicht nur auf die Daten der Nutzer zugreifen, die die Anwendungen heruntergeladen haben, sondern auch auf Profile der Facebook-Freunde dieser Nutzer. Wer nicht damit einverstanden ist, muss diesen Zugriff durch Änderung der Datenschutz­einstellungen explizit verbieten.

Peter Schaar, bis 2013 Datenschutzbeauftragter, sieht hier ein enormes rechtliches Problem: „Die Betroffenen erfahren vielfach überhaupt nicht, dass ihre Daten abgegriffen werden, denn sie werden über die konkrete Datenverarbeitung, ihre Zwecke und die dafür Verantwortlichen nicht ausreichend informiert.“

„Komplizen des Datenmissbrauchs“

Für ihn ist die Zusammenarbeit zwischen Facebook und Cambridge Analytica nur die „Spitze des Eisbergs“. Dass Mark Zuckerberg sich nun entsetzt gibt, hält er für wenig glaubwürdig. „Der Fall ist Facebook seit mehr als einem Jahr bekannt und man hat weder die Betroffenen noch die Datenschutz­behörden über den Daten­missbrauch informiert.“ Schaar vermutet hinter der Betroffenheit eher den Absturz, den der Fall an der Börse ausgelöst hat. Das Unternehmen verlor einen Wert von rund 35 Milliarden US-Dollar.

Scharfe Kritik übt auch Johannes Caspar. Der Hamburger Datenschutzbeauftragte, der für den IT-Konzern in Deutschland zuständig ist, will Facebook dazu zwingen, die Standardeinstellungen zu ändern. „Die Entblößung, die für den Großteil der Nutzer völlig unsichtbar über ihre eigenen Freunde entsteht, ist alarmierend“, sagt er. „Es macht Freunde, denen erhöhtes Vertrauen entgegengebracht wird, zu potenziellen Komplizen des Datenmissbrauchs.“

Nun müssen die Gerichte darüber entscheiden, wie der Rechtsbruch Zuckerbergs geahndet wird. Peter Schaar sieht aber auch die Politik in der Pflicht: „Regeln für das Tracking und die Informationspflichten der Unternehmen müssen verschärft werden.“ Bisher hätte die Bundesregierung solche Ansätze eher ausgebremst als vorangetrieben.

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