Deutsche Entwicklungspolitik: Schulze will Feminismus

Entwicklungsministerin Svenja Schulze arbeitet an einer Strategie zu „feministischer Entwicklungspolitik“. Sie hat dabei große Ziele.

Eine Frau umringt von anderen Personen

Entwicklungsministerin Svenja Schulze Ende August in Bogota Foto: Leon Kuegeler/photothek.de/imago

Entwicklungsministerin Svenja Schulze will eine feministische Entwicklungspolitik machen. „Feminismus ist Überzeugung und Gleichberechtigung ist ein Menschenrecht“, bekannte sie am Dienstag auf einer Tagung ihres Ministeriums zur feministischen Entwicklungspolitik in Berlin. Erklärtes Ziel der Tagung war der Austausch mit zivil-gesellschaftlichen Organisationen weltweit, um eine neue deutsche Strategie für feministische Entwicklungspolitik zu erarbeiten, die das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) 2023 vorgelegen will.

In ihrer Grundsatzrede legte Schulze mit großen Zielen vor. So will die Ministerin „bestehende Machtstrukturen und diskriminierende Normen und Rollenbilder“ überwinden. „Dazu gehört auch, unsere eigenen Strukturen kritisch zu hinterfragen und zu erkennen, wo sich Frauenfeindlichkeit, fortbestehender Kolonialismus und rassistische Denkweisen verfestigt haben“, sagte Schulze.

Konkret kündigte die Ministerin an, dass 93 Prozent aller neuen BMZ-Projekte in Entwicklungsländern bis 2025 der Gleichstellung der Geschlechter dienen sollen. Ebenso betonte sie die Erhöhung des Etats für UN Woman, eine Organisation der Vereinten Nationen, mit 32 Millionen Euro.

Spogmay Ahmed vom Forschungsinstitut International Center for Research on Women (ICRW) erklärte auf dem Podium, Deutschland sei unter den Ländern mit feministischer Außenpolitik der größte Geldgeber für Geschlechtergerechtigkeit, gehöre aber zu den Schlusslichtern, wenn es um konkrete Verpflichtungen ginge.

Mehr Geld und Handlungsspielraum für feministische Bewegungen

Ahmed riet Ministerin Schulze, mehr Geld für feministische Bewegungen und lokale Organisationen bereitzustellen und die Finanzierung flexibler zu gestalten. Das bedeute, systemische Reformen der Vergabe anzustoßen und beispielsweise Anforderungen zu Anträgen und Berichtspflichten zu überdenken. „Werden die Bewegungen lediglich als Empfänger von Geldern behandelt oder haben sie Handlungsspielraum?“, fragte sie weiter.

Spre­che­r:in­nen auf dem Podium und aus dem Publikum waren sich einig: Die Ausgestaltung von feministischer Entwicklungspolitik müsse über Konsultationen mit der Zivilgesellschaft hinausgehen und diese in Gesetzgebungsprozesse und Ausgestaltung von Zielen direkt einbinden.

Thokozani Mbwana von der Internationalen LGBTIQ* Organisation ILGA betonte in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit der Deutungshoheit über Probleme und Ziele. Eine „westliche Perspektive“ sei in vielen Ländern oft nicht hilfreich, sagte sie. Die Politik müsse sich über neokoloniale Strukturen bewusst sein.

„Ich möchte auch zu einer kohärenten feministischen Politikgestaltung in allen Bereichen aufrufen“, erklärte Ahmed weiter. „Wir können zum Beispiel nicht eine Führungsrolle von Frauen in Fragen des Friedens und der Sicherheit fordern und gleichzeitig die Mittel für das Militär erhöhen“, so die Wissenschaftlerin. Auch könnten „wir nicht zu systemischen Veränderungen aufrufen, ohne gleichzeitig makro-ökonomische Reformen voranzutreiben“. Auf die Bedeutung von Handelsabkommen auf feministische Entwicklungsziele hatte auch Mbwana hingewiesen.

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