Deutsche im American Football: Der Mann mit dem Kick

Als Deutscher ins Super-Bowl-Finale? Uwe von Schamann erzählt von seiner Karriere in den 1950ern. Am Sonntag findet er vielleicht einen Nachfolger.

Noch so ein Teutone: Sebastian Vollmer, New England Patriots. Bild: imago

Mit dem Deutsch sei das so eine Sache, sagt Uwe von Schamann. Er spricht es einfach zu selten. Von Schamann, 55, mag zwar seine Muttersprache verlernt haben, aber dennoch hat der gebürtige Berliner etwas geschafft, was bislang noch keinem anderen Deutschen gelungen ist: Er hat den Super Bowl, das Finale der National Football League (NFL), gespielt. Damals, 1983 und 1985, stand er mit den Miami Dolphins im Endspiel, beide Male verloren die Dolphins um Kicker von Schamann.

Nun kann am Sonntag erstmals nach von Schamann ein weiterer Deutscher am Super Bowl teilnehmen: Die New Englands Patriots mit Sebastian Vollmer aus Kaarst bei Düsseldorf treffen auf die New York Giants. Wobei noch nicht ganz klar ist, ob Offensive Tackle Vollmer tatsächlich spielen kann, er hat sich im November den Fuß gebrochen.

Zuletzt hat Patriots-Trainer Bill Belichick ihm aber gute Chancen auf einen Einsatz eingeräumt. Für von Schamann ist das eine Neuigkeit: "Ach, ein Deutscher spielt im Super Bowl? Das wusste ich gar nicht. Den muss ich mal kennen lernen."

Von Schamann könnte Vollmer dann von seiner Geschichte erzählen, von seinem langen Weg aus dem Berlin der 50er Jahre bis hin zu einem der größten Endspiele auf dem Globus. Denn mit American Football hat von Schamann damals nichts am Hut, "Ich war ein Fußballer", erzählt er heute: "Oft haben wir auf der Straße gekickt, wie das zu dieser Zeit eben üblich war." Er hat gute Erinnerungen an jene Jahre: "Wir haben in Spandau und im Hansaviertel gelebt. Ich war auch oft am Kudamm."

Ein Fußballer als Kicker

Ein Besuch bei Freunden seiner Mutter, die in die Vereinigten Staaten ausgewandert waren, ändert schließlich von Schamanns Leben für immer. Nur ein Jahr später, 1972, ziehen der 16-Jährige und seine Mutter komplett in die USA. Dort besucht er die High School, er erinnert sich noch gut an seine erste Begegnung mit einem Football-Ei. "Ich hatte vorher noch nie einen Football gesehen, ich war ja ein Fußballer aus Deutschland."

Das kommt ihm nun zugute, sein Trainer erkennt früh sein Schusstalent, er setzt ihn als Kicker ein. Seine neue Aufgabe: das Ei zwischen die Torstangen am Ende des Feldes schießen. Und er macht sich gut: Er erhält ein Angebot für ein Stipendium an der Universität Oklahoma.

Doch auch als Fußballer ist er weiter aktiv, neben dem Angebot aus Oklahoma will ihn auch der Profi-Fußball-Klub Dallas Tornados als Torwart verpflichten. Also fährt von Schamann nach Dallas, doch dort merkt er schnell, dass er nur als Ersatzmann für den englischen Torwart Kenny Cooper eingeplant ist. Er lehnt ein Engagement ab.

Jahrhundert-Kick in der Collegemeisterschaft

Tatsächlich hat er Erfolg als Footballer, gleich im ersten Jahr verwandelt er wenige Sekunden vor Schluss den entscheidenden Kick im Finale um die College-Meisterschaft gegen Ohio State. Vor 88.000 Menschen bringt sein entscheidendes Field Goal drei Punkte und damit den hauchdünnen 29:28-Sieg. Seither ist er eine Legende in Oklahoma, sein erfolgreicher 41-Yard-Versuch (etwa 37,5 Meter) heißt dort ehrfürchtig "The Kick". Später wird er an der Uni zum "Kicker des Jahrhunderts" gewählt.

Zudem beschert ihm "The Kick" viel Aufmerksamkeit: Die NFL-Scouts bemerken ihn, schließlich verpflichten ihn die Miami Dolphins. Von Schamann überzeugt, gleich im ersten Jahr wird er als bester Neuling der Liga ausgezeichnet. Auch in den beiden Super Bowls macht er seinen Job, er verwandelt alle seine Versuche. "Ich war bei diesem Riesen-Event zwei Mal dabei. Das kann nicht jeder von sich behaupten." Am Ende seiner Karriere hält er den Rekord für die meisten verwandelten Kicks in einer Saison. Ein Rekord, der erst 2007 gebrochen wird.

Heute gibt von Schamann unter anderem private Nachhilfestunden für Nachwuchskicker und hält Reden und Vorträge. 2007 ist er den Berlin-Marathon gelaufen. Trotz seiner Karriere in Amerika weiß von Schamann, so sagt er, wo seine Wurzeln sind. "Ich bin gerne Deutscher, ich wollte nie Amerikaner werden."

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