Deutscher Außenminister in Afghanistan: Steinmeier setzt Karsai unter Druck

Außenminister Steinmeier zieht in Kabul eine kritische Bilanz des deutschen Einsatzes. Aber auch nach Abzug der Kampftruppen sollen Deutsche helfen.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (l.) und der afghanische Präsident Hamid Karsai in Kabul. Bild: dpa

KABUL dpa | Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat Afghanistan über das laufende Jahr hinaus deutsche Unterstützung versprochen. Bei einem Treffen mit Präsident Hamid Karsai machte er die geplante neue Bundeswehr-Ausbildungsmission am Sonntag in Kabul jedoch von der Unterzeichnung eines Rechtsabkommens abhängig, das ausländische Soldaten vor Strafverfolgung durch afghanische Gerichte schützt. Trotz internationalen Drängens weigert sich Karsai bislang, unter eine solche Vereinbarung mit den USA seine Unterschrift zu setzen.

Der Abzug der Bundeswehr-Kampftruppen vom Hindukusch läuft bereits. Derzeit sind dort noch etwa 3.100 deutsche Soldaten im Einsatz. Nach dem Jahreswechsel 2014/15 sollen es höchstens noch 800 sein. Sie sollen sich dann nur noch um Beratung und Ausbildung der afghanischen Streitkräfte kümmern. Zuvor finden Präsidentenwahlen statt. Die erste Runde ist am 5. April. Karsai selbst darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Unter den elf Kandidaten gibt es keinen klaren Favoriten.

Für Steinmeier war dies die erste Afghanistan-Reise seit der Rückkehr ins Auswärtige Amt. Der SPD-Politiker appellierte an Karsai, das Abkommen mit den USA „möglichst früh“ zu unterzeichnen – aus deutscher Sicht Voraussetzung dafür, dass die Bundeswehr bleiben kann. „Das ist kein Engagement, das man in 14 Tagen vorbereiten wird“, sagte Steinmeier. „Wir brauchen diese Zeit auch, um die Öffentlichkeit und das Parlament davon zu überzeugen.“ Der Bundestag muss auch einer reinen Ausbildungsmission zustimmen.

Weiter sagte Steinmeier, Deutschland sei hilfsbereit, werde sich aber auch nicht aufdrängen. Afghanistans Außenminister Sarar Ahmad Osmani bekräftigte die grundsätzliche Bereitschaft seiner Regierung. Einen Termin nannte aber auch er nicht. International wird befürchtet, dass die Unterzeichnung im Wahlkampf immer weiter hinausgezögert wird und sich auch Karsais Nachfolger dann Zeit lässt.

Eine zwiespaltige Bilanz des Afghanistan-Einsatzes

Steinmeier nannte 2014 das „Jahr der Entscheidungen für Afghanistan“. Insgesamt zog er eine halbwegs zufriedene Bilanz des seit zwölf Jahren laufenden Einsatzes. „Wir haben nicht alles das erreicht, was wir uns vorgestellt haben. Aber wir sollten nicht gering schätzen, was wir erreicht haben.“ Afghanistan sei zum Beispiel kein Ausbildungslager für islamistische Terroristen mehr.

Zugleich mahnte er einen härteren Kampf gegen Korruption und Drogenhandel an. Erforderlich sei endlich auch ein „innerer Aussöhnungsprozess“, in den auch die islamistischen Taliban-Milizen einbezogen werden müssten. „Ich hoffe, dass Afghanistan seinen Weg in eine eigene politische Zukunft findet, die möglichst nicht wieder geprägt ist von internen Auseinandersetzungen und Gewalt.“

Insgesamt war dies für Steinmeier bereits der siebte Aufenthalt in Afghanistan. Aus Sicherheitsgründen wurde die Reise – wie in solchen Fällen üblich – bis zur Ankunft geheim gehalten. Der SPD-Politiker besuchte auch Masar-i-Scharif im Norden des Landes, wo die Bundeswehr ihr größtes Feldlager hat. Am dortigen Ehrenhain gedachte er am Abend (Ortszeit) der gefallenen Soldaten. Insgesamt wurden bei dem Afghanistan-Einsatz bislang 55 Bundeswehr-Angehörige getötet.

Unabhängig von der Entscheidung über den Verbleib der Bundeswehr soll die deutsche Entwicklungshilfe weiterlaufen. Derzeit sind mehr als 2000 Entwicklungsexperten in deutschem Auftrag in Afghanistan tätig. Geplant sind bis zu 430 Millionen Euro Entwicklungshilfe pro Jahr.

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