Böse Tischtennisgeschichten: Von der unsauberen Seite
Der Deutsche Tischtennisbund hat offenbar einen zweifelhaften Sponsor. Genaues weiß man bislang noch nicht. Wetten dass?
E hrlich? Ich hätte nicht mehr auf mich gewettet. Die ersten beiden Sätze habe ich deutlich verloren, mein älterer Gegner hatte es geschafft, mich auf sein Niveau herunterzuziehen, die einfachsten Bälle kamen nicht, die Fehlerquote war überdurchschnittlich hoch. Und doch schaffte ich es, mir eine kleine Taktik zuzulegen, um die Folgesätze mindestens offenzuhalten. Dass ich dabei diverse Matchbälle abwehren musste, um schließlich 3:11, 3:11, 12:10, 12:10, 12:10 zu gewinnen, das war einfach unfassbar, nahezu surreal, wie man heute gerne in Sportzusammenhängen sagt, vor allem, wenn man meine unterirdische Form und die Höllenhinrunde bedenkt, die ich gerade spiele.
Keine Angst, um mich soll es hier nur am Rande gehen. Das Stichwort vielmehr ist Wette. Am Sonntag nämlich gab es endlich wieder einen Beitrag über Tischtennis in der guten, alten „Sportschau“. Allerdings wurde nicht über die Bundesliga berichtet, die am Wochenende einen Spieltag hatte (Tabellenführer ist die Borussia aus Düsseldorf trotz Krise), und auch nicht darüber, dass die Brüder Lebrun in Maskat, Oman, erstmals ein Finale eines WTT-Turniers unter sich ausmachten (Félix gewann im Entscheidungssatz gegen Alexis), sondern, dass der Deutsche Tischtennisbund DTTB und mit ihm die Nationalmannschaft von einem Tischtennis-Wettanbieter gesponsert wird.
Nun ist Wetten auf Tischtennisergebnisse eine Wissenschaft für sich. Die Niveauunterschiede zwischen den jeweiligen Spielern sind meist klein und doch so bedeutend, dass man fast immer davon ausgehen kann, dass der Bessere, hüstel, hüstel, gewinnt. Ganz oben an der Spitze gewinnt immer der Chinese oder die Chinesin, danach die aus Japan. Auf den niederen Ebenen kann man genauso gut einen Würfel werfen – oder gucken, wer mit „Material“, also Noppe oder Anti, spielt oder immerhin halbwegs den Topspin beherrscht.
In Tschechien, so erzählt der Beitrag der „Sportschau“, gibt es nun eine Halle, in der Tag und Nacht Tischtennis gespielt wird – man stellt es sich als Mischung aus Himmel und Hölle vor: Hässliche Funktionshalle am hässlichen Stadtrand, an der Tennis mit einem N geschrieben steht, hoffentlich gibt es da wenigstens einen Getränkeautomaten. Draußen an den elektronischen Geräten sitzen Spielsüchtige und setzen auf irgendwelche Namen, die auf -ek enden und meist beleibten Körpern über 45 gehören: So ungefähr wird es sein.
Zweifelhafter Partner
Irgendwo in Deutschland fanden wohl auch mal Wettbewerbe dieses Wettanbieters statt, aber das hat sich nicht so wirklich gelohnt, und alle Beteiligten halten sich an eine Omertà, die entweder der Peinlichkeit des Ganzen entspringt oder ganz in echt mit Geld erkauft ist.
Rein moralisch ist die „Sportschau“, die sich gerne investigativ gibt, was ja auch gut so ist, auf der sauberen Seite: Spielen gegen Geld im Amateurbereich ist mehr als bäh, nämlich verboten; Spielsucht ein gesellschaftliches Problem; und wo Wetten sind, ist Manipulation meist nicht weit. Problem: Nachweisen können sie erst mal wenig bis nichts. In den USA wurde der Sponsor des DTTB gecancelt, viel mehr bietet der Beitrag leider nicht, außer das heutzutage gern ausgeübte moralische Geraune.
Natürlich ist auffällig, dass das Sponsoring seitens des DTTB – wie in der Funktionärsschule gelernt – nonchalant wegmoderiert wird, weil das Geld schließlich irgendwo herkommen muss, und der Name Dima Ovtcharov wieder mal da auftaucht, wo irgendetwas im deutschen Tischtennis nicht ganz koscher ist. Ob es deswegen zur Skandalisierung taugt? Immerhin, die „Sportschau“ hat ein Auge drauf, die Community kommentiert mit, mal sehen, was da noch so alles kommt.
In Niederösterreich gibt es derweil Missbrauchsvorwürfe gegen einen Trainer, einen ihn deckenden Verein und den oberen Verbänden. Schade. Sauber ist anders.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert