Deutschland in Öko- und Sozial-Ranking: Gut zu Tieren, aber ungerecht

Ein neuer Index vergleicht Länder nach ihrer sozialen und ökologischen Entwicklung. Deutschland landet im oberen Drittel, Neuseeland ist top.

Hohe Artenvielfalt: Schwäbisch-Hallesches Landschwein in Stuttgart. Bild: ap

BERLIN taz | Was sagt mehr über die Lebensqualität von Menschen aus: das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – oder der Zugang zu Bildung und bezahlbarem Wohnraum? Die Nichtregierungsorganisation Social Progress Imperative hat jetzt ihren ersten „Social Progress Index“ (SPI), auf deutsch Sozialentwicklungsindex, für 132 Länder veröffentlicht. Er zeigt, dass mit einem hohen, durchschnittlichen pro-Kopf-BIP nicht automatisch hohe soziale Standards einhergehen: Auf dem ersten Platz der Sozialentwicklung liegt Neuseeland, es folgen Schweiz und Island. Beim pro-Kopf-Einkommen liegen Neuseeland global auf Rang 32, die Schweiz auf 7, Island auf Platz 16. Deutschland belegt auf dem SPI Platz 12.

Die Bewertung beruht auf drei Säulen: Zu den Grundbedürfnissen zählen unter anderen Nahrung, medizinische Grundversorgung und persönliche Sicherheit. Dazu kommen „Grundlagen des Wohlergehens“ wie Zugang zu Bildung und Information, die Rate von Fettleibigkeit und Selbstmord sowie Umweltaspekte. Die dritte Säule schließlich sind „Chancen“‘: Hier geht es unter anderen um Freiheit der Meinung, der Versammlung, der Religion, um Korruption, Toleranz oder höhere Bildung.

Die Diskussion um eine Neubewertung von „Wohlstand“ jenseits von BIP und Wachstum ist nicht neu. Eine Enquete-Kommission des Bundestages hatte in der letzten Legislaturperiode ähnliche alternative Indikatoren für Lebensqualität definiert, wie jetzt im SPI-Ranking.

Die Berechnung des Sozialentwicklungsindex bildet sich aus der global besten und schlechtesten Leistung in den letzten zehn Jahren, die dann Null beziehungsweise 100 Punkten gleichgesetzt werden. Einige Länder, etwa Estland und Slowenien, sind trotz eines niedrigen BIP überraschend weit in der Sozialentwicklung. „Das ist ein positiver Effekt der EU-Erweiterung“, sagt Michael Green, der für die Organisation arbeitet.

Gute Unis

Auch auf den höchsten Platzierungen gibt es große Unterschiede. So haben 20 Wirtschaftsnationen sehr gute Standards, was die Grundbedürfnisse angeht. Doch bei Grundlagen des Wohlergehens und Chancen sieht es deutlich schlechter aus.

Positiv hervor stechen für Deutschland die im Verhältnis zu vergleichbaren Staaten niedrige Rate an Totgeburten, die Biodiversität (hier ist allerdings 73 Punkte offenbar bereits ein Topergebnis) und die guten Universitäten. Der Index stellt Defizite fest bei der Qualität der Elektrizitätsversorgung, bei der Geschlechtergerechtigkeit, beim Besuch weiterführender Schulen, in Sachen religiöser Toleranz und Versammlungsfreiheit. Gewaltverbrechen, Menschenhandel und moderner Sklaverei sind in Deutschland demnach im Vergleich mit anderen reichen Nationen besonders ausgeprägt.

Michael Green bringt es auf den Punkt: „Deutschland kann beim Umweltschutz durchaus als Vorbild gelten. Trotzdem ist die Nachricht an die reichen Länder sehr deutlich: Ihr liegt beim Umweltschutz auf den oberen Plätzen – aber nur, weil ihr alle schlecht seid.“

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