Deutschlandweite Studie: Jeder sechste Ostdeutsche ist rechts

Eine Langzeitstudie stellt bei 16 Prozent der Ostdeutschen ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild fest. Es ist der höchste Wert seit Beginn der Studie vor zehn Jahren.

Man muss kein Nazi sein, um diese zu dulden oder ein rechtsextremes Weltbild zu haben. Anti-Rassismusdemo in Rostock Bild: dapd

BERLIN taz | Die Wissenschaftler sind alarmiert: Fast jeder sechste Ostdeutsche hat laut einer neuen Studie ein „geschlossenes rechtsextremes Weltbild“. Insbesondere unter den 14- bis 30-Jährigen seien die Zahlen besorgniserregend. „Hier wächst eine Generation heran, die alle bisherigen Gruppen in ihrer rechten Einstellung zu überbieten droht“, heißt es in der Studie „Die Mitte im Umbruch“. „Die Brisanz dieser Situation darf keinesfalls unterschätzt werden.“

Seit 2002 untersuchen die Sozialforscher Elmar Brähler und Oliver Decker antidemokratische Einstellungen in der Bevölkerung. Ihr zweijährlich von der Friedrich-Ebert-Stiftung vorgelegtes Barometer gilt als eine der wichtigsten Studien zum Thema. Für die diesjährige Erhebung wurden im Sommer 2012 mehr als 2.400 Menschen befragt.

In den ersten Jahren stellten die Wissenschaftler noch im Westen des Landes häufiger ein „geschlossenes rechtsextremes Weltbild“ fest als im Osten. Das hat sich inzwischen eindeutig geändert: 2012 hatten gut 7 Prozent der Westdeutschen nach den Kriterien der Forscher eine durchgehend rechtsextreme Einstellung, in Ostdeutschland waren es knapp 16 Prozent. „Diese Entwicklung ist alarmierend“, heißt es in der Studie.

Eine erschreckend hohe Zustimmung haben in der Befragung insbesondere fremdenfeindliche Aussagen erfahren:

- „Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen“ finden 54 Prozent der Ostdeutschen (West: 31)

- „Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet“ finden 44 Prozent der Ostdeutschen (West: 36)

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Insgesamt bescheinigen die Sozialforscher Brähler und Decker knapp 39 Prozent der Ostdeutschen (West: 22) ausländerfeindlich zu sein. Das sei der höchste Wert seit Beginn der Langzeitstudie vor zehn Jahren. Ausländerfeindlichkeit sei „tief in den gesamtgesellschaftlichen Diskurs verwoben“, so die Wissenschaftler - und gleichzeitig eine Art „Einstiegsdroge“ in den Rechtsextremismus.

Auch die Islamfeindlichkeit ist laut der Studie mit gut 41 Prozent im Osten weiter verbreitet als im Westen (35). Weniger deutlich sind dagegen die Unterschiede bei der Zustimmung zu autoritären, antisemitischen, sozialdarwinistischen, chauvinistischen und den Nationalsozialismus verherrlichenden Aussagen:

- „Was Deutschland jetzt braucht, ist eine einzige starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert“ finden gut 19 Prozent der Ostdeutschen (West: 15)

- „Auch heute noch ist der Einfluss der Juden zu groß“ finden 19 Prozent der Ostdeutschen (West: 20)

- „Es gibt wertvolles und unwertes Leben“ finden 12 Prozent der Ostdeutschen (West: 10)

- „Der Nationalsozialismus hatte auch seine guten Seiten“ finden knapp 9 Prozent der Ostdeutschen (West: 11).

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Von einem „geschlossenen rechtsextremen Weltbild“ sprechen die Forscher, wenn Befragte nicht nur einzelnen, sondern einer Vielzahl von Aussagen auf dem „Barometer antidemokratischer Einstellungen“ zustimmen.

Eine Erklärung für die hohen Werte in Ostdeutschland können Brähler und Decker in ihrer aktuellen Studie nur bedingt liefern. Allein mit Strukturproblemen, die auch 20 Jahre nach der Wende nicht angegangen worden seien, ließen sie sich jedenfalls nicht erklären, so die Sozialforscher.

Unabhängig von Ost und West sehen sie die Gefahr, dass einzelne Gegenden abgekoppelt werden vom Rest der Gesellschaft. Ihr Fazit: „Diese zurückgelassenen Regionen bringen für die Demokratie langfristig viel schwerwiegendere Probleme mit sich als 'nur' hohe Arbeitslosenzahlen und Verschuldungsraten.“

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