Die AfD auf dem Katholikentag in Münster: Kein Platz für so eine Partei?

Erstmals ist ein AfD-Vertreter zum Katholikentag eingeladen. Daran gab es viel Kritik. Einige wollen dagegen demonstrieren.

Ein Plakat hängt in einer Stadt, darauf ist ein durchgestrichenes Hakenkreuz zu sehen. Auf dem Plakat steht: Keine Bühne für die AfD auf dem Katholikentag

Willkommen heißt die AfD niemand Foto: dpa

MÜNSTER taz/dpa | Mit Appellen für Frieden und mehr soziale Gerechtigkeit, gegen Ausgrenzung und Menschenfeindlichkeit hat in Münster der 101. Deutsche Katholikentag begonnen. Schon dessen Motto „Suche Frieden“ könne aktueller nicht sein, sagte der Münsteraner Bischof Felix Genn am frühen Mittwochabend bei der Eröffnung auf dem Domplatz vor etwa 10.000 Menschen. Ihn sorge nicht nur das von „Herrn Trump“ aufgekündigte Atomabkommen: Auch aus der Türkei und Syrien kämen „keine Friedenszeichen“.

Vor JournalistInnen hatte der katholische Bischof zuvor sogar zu einer Erneuerung der „starken Friedensbewegung der 1980er Jahre“ aufgerufen und sich gegen „Waffenlieferungen in Kriegsgebiete“ ausgesprochen. Gleichzeitig verurteilte Genn „Rassismus, Fremdenfeindlichkeit oder Hetze gegen Menschen mit Behinderungen“ als „menschenfeindlich und zutiefst unchristlich“. Die rechtspopulistische AfD erwähnte der 68-Jährige dabei allerdings nicht.

Auch Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomittees der Deutschen Katholiken (ZdK), das bei der Organisation des Laientreffens formal federführend ist, warnte nur indirekt vor Rechtspopulismus: Der Katholikentag wende sich gegen „jeden Nationalismus und Egoismus“, betonte der der ehemalige CDU-Abgeordnete im nordrhein-westfälischen Landtag. „Heulen wir mit jenen Wölfen, die mit populistischen Botschaften Unfrieden säen – oder stellen wir uns ihnen entgegen?“, fragte Sternberg unter starkem Applaus rhetorisch. Das ZdK protestiere „gegen jede Art von Diskriminierung“, sagte der promovierte Theologe – und verwies auf das am Dienstag verabschiedete „Münsteraner Manifest“ seines Komittees.

Das geißelt zwar rechtspopulistische Positionen von „Ausgrenzung, Verleumdung und Hetze“. Die im vergangenen September mit mehr als 12 Prozent in den Bundestag eingezogene rechtspopulististische AfD wird aber auch hier nicht erwähnt – dabei soll das Manifest Antwort auf die heftige Kritik an der wohl umstrittensten Entscheidung der aus ZdK-Vertretern und Katholischen Hierarchen zusammengesetzten Katholikenstagsleitung sein: Erstmals ist zu dem größten katholischen Laientreffen auch ein Vertreter der AfD offiziell eingeladen.

Ablehnung von AfD-Auftritt

Deren „kirchenpolitischer Sprecher“ Thomas Münz soll am Samstag auf dem Podium „Nun sag', wie hast du's mit der Religion?“ mit Vertretern aller im Bundestag vertretenen Parteien über das Verhältnis von Staat und Kirche diskutieren. TheologInnen kritisieren die Einladung von Münz seit Monaten: Der Auftritt des AfD-Manns, der mit der Unterzeichnung der Pegida-nahen „Erfurter Resolution“ als Vertreter des nationalistischen AfD-Flügels um den Thüringer Landesparteichef Björn Höcke gilt, stelle „eine Normalisierung einer menschenfeindlichen und hasserfüllten Politik dar“, heißt es nicht nur in der „Münsteraner Erklärung“, die von MitarbeiterInnen des befreiungstheologisch orientierten Instituts für Theologie und Politik initiiert wurde.

Auch Linke, Grüne und das Münsteraner Bündnis „Kein Meter den Nazis“ lehnen den AfD-Auftritt ab – und rufen für Samstag zu einer Demonstration vor dem Veranstaltungsort, der Halle Münsterland, auf. Kritik kommt auch vom Bund der Katholischen Jugend und dem Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider.

Wie die Gewerkschaften zeigen die Sozialverbände nicht erst seit einer von Münz verteidigten AfD-Bundestagsanfrage, die im April einen Zusammenhang zwischen Migration, Inzest und Menschen mit Behinderung herstellte, klare Kante gegen die AfD: Für eine Partei, die „über Schießbefehle gegen Flüchtlinge“ fabuliere, „türkische Mitbürger als Kameltreiber“ bezeichne und „den Begriff ‚völkisch‘ etablieren wolle, sagt Schneider, sei „im Deutschland des 21. Jahrhunderts einfach kein Platz“.

Damit sich die AfD nicht als „Märtyrer inszenieren“

ZdK-Präsident Steinberg, der noch im Februar laut über einen Abgrenzungsbeschluss gegenüber der AfD nachgedacht hat, vertritt offenbar auf Druck der Kirchenhierachie mittlerweile die Position, eine Ausladung „böte der Partei nur die Chance, sich als Märtyrer zu inszenieren“. Das Podium, auf dem eben nicht Kirchenvertreter, sondern allein PolitikerInnen dem AfD-Mann Paroli bieten sollen, sei nur eine von mehr als 1.000 Veranstaltungen, heißt es außerdem: Allein das Veranstaltungsbuch des Katholikentages, der sich in die Groß-Themenbereich“ „Gesellschaft und Politik“ sowie „Kirche, Theologie, Dialog der Religionen“ vorgenommen hat, ist 680 Seiten dick.

Zu dem alle zwei Jahre stattfindenden Laientreffen, bei dem sich die milliardenschwere Katholische Kirche mit knapp 3 Millionen Euro Steuergeld unterstützen lässt, haben sich mehr als 70.000 TeilnehmerInnen angekündigt, verkündet die Katholikentagsleitung stolz. Von unten hält die Bewegung „Wir sind Kirche“ mit ihrem befreiungstheologisch inspirierten „Katholikentag plus“ dagegen.

Die AfD aber war bei der Auftaktveranstaltung am Mittwoch auch für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kein Thema. Als „bekennender evangelischer Christ, der in einer konfessionsverschiedenen Ehe lebt“, warb er stattdessen für das gemeinsame Abendmahl von katholischen und evangelischen Christen.

Außerdem wandte sich Steinmeier indirekt gegen den Erlass des bayerischen CSU-Ministerpräsidenten Markus Söder, der in jeder Behörde ein Kreuz sehen will: „Was Sonntags in den Gottesdiensten fehlt“, sagte der Bundespräsident, „kann das Kreuz im Behördeneingang nicht füllen.“

Für Donnerstagnachmittag wurde ursprünglich auch der wegen der umstrittenen Abschiebezentren in der Kritik stehende CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer auf dem Katholikentag erwartet. Doch er hat kurzfristig abgesagt. Der CSU-Politiker habe dies mit Anreiseproblemen begründet, teilte das ZdK mit. Seehofer sollte sich an einer Diskussion zum Thema Integration beteiligen. Er werde nun von CDU-Präsidiumsmitglied und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vertreten, sagte ZdK-Sprecher Theodor Bolzenius.

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