Die Bretag auf Sparkurs: "Das ist Klassenkampf von oben"

Die Gewerkschaft Ver.di mobilisiert gegen "skandalöses Vorgehen" beim Verlag des "Weser Kurier": Anzeigen-Akquisiteure verzichten aus Angst auf ihre Verträge

Schon 2007 demonstrierte Ver.di am 1. Mai gegen die Tarifflucht beim "Weser Kurier" Bild: Kawe

Erst im Jahre 2008 hatte der Weser Kurier seine Anzeigen-Akquisition ausgelagert in eine Firma mit dem Namen MVZ und eine Mauer im Pressehaus in der Martinistraße hochgezogen. Nun wurde eine weitere Akquisitions-GmbH gegründet: Geschäftsführer ist Michael Sulenski, bisher MVZ-Geschäftsführer, sein Büro ist direkt neben dem Pressehaus in der Martinistraße. Ziel der Neugründung ist offensichtlich die Übernahme der Anzeigen-Akquisition. Die Gewerkschaft Ver.di ging gestern mit einem Flugblatt an die Öffentlichkeit, in dem sie das "skandalöse Verhalten" des Weser-Kurier-Verlages kritisiert. In einer Anzeige im konkurrierenden Weser Report informiert Ver.di über den Vorgang, über den der Weser Kurier-Verlag BTAG selbst schweigt. "Das ist Klassenkampf von oben, anders kann man das nicht nennen", sagt der Arbeitsrechtler Jürgen Maly.

Was der Sinn solcher Aus- und Neugliederungen ist, hatte der BRETAG-Aufsichtsratsvorsitzende Johannes Weberling im Jahre 2007 in einem Strategiepapier aufgeschrieben: August 2007: Gründung der MVB. 2008: Neuwahl des Betriebsrates. 2009: "Möglichkeit zur einseitigen Änderung der Arbeitsbedingungen". Im letzten Spiegelstrich hieß es damals: "Möglichkeit zur Schließung der MVB" nach "Neuvergabe des Dienstleistungsvertrages durch die BTAG".

Genau diese Karte scheint nun gespielt zu werden. Schon im November 2009 hatte der Vorstand offiziell festgestellt: "Die Hoffnungen mit der Ausgründung der Anzeigenabteilung einen ,kooperativen' Betriebsrat ... zu erhalten, haben sich leider nicht erfüllt." In der Anzeige, die Ver.di gestern im Weser Report geschaltet hat, heißt es: "Die Geschäftsleitung der Weser Kurier-Verlagsgruppe will offenbar die MVB gegen die Wand fahren."

Die alten Mitarbeiter konnten beim Übergang zur MVB 2008 ihre Rechte "mitnehmen", nur die neuen wurden weit unter Tarif eingestellt. Die Neugründung der "SKC Achim" wäre gleichbedeutend mit einem Schnitt für alle: Der Weser Kurier könnte sich damit aller Mitarbeiter entledigen, "deren Arbeitsverträge lange Kündigungsfristen und andere tarifliche Inhalte haben", erklärt die Gewerkschaft Ver.di die Lage. Zudem wäre der "unbequeme Betriebsrat der MVB" weg.

SKC steht für "Stark Kundenservice Center", das Stammkapital der Achimer Neugründung von 25.000 Euro hält Holger Stark, bekannt über seine "Stark Promotions". Auffällig ist im Handelsregister, dass Stark seine Anteile auf fünf verschiedene Tranchen aufgeteilt hat - das ermöglicht, so Kenner solcher Konstruktionen, Treuhandverträge und Strohmann-Strukturen. Der Weser Kurier-Verlag BTAG hat Erfahrung damit, weil er jahrelang den Bremer Anzeiger so an sich gebunden hatte, ohne das offenzulegen.

48 Mitarbeiter der MVB haben, so hieß es gestern, aus purer Angst den Vertrag bei der neuen Firma "SKC Achim" unterschrieben. Am 19. Dezember war der Vertrag zwischen BTAG/Weser Kurier und MVB so geändert worden, dass Teile des Akquise-Auftrages mit einer Frist von vier Wochen gekündigt werden können. Ab dem 1. 3. soll die Anzeigenakquise von der neuen Firma KSC übernommen werden.

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