Die Gebäudetechnik: Lieber Smart- statt High-Tech

Von Anfang an betrachteten wir es als Chance und Ansporn, die hochgesteckten ökologischen Ziele der taz in die Konzeption des neuen Energie- und Gebäudetechnikkonzepts einfließen zu lassen. Getreu dem Motto „weniger ist mehr“ entwickelten wir in enger Zusammenarbeit mit dem Architektenteam ein innovatives, ganzheitlich auf das Gebäude und seine Nutzer abgestimmtes Gebäudetechnikkonzept.

Bild: Plan: PHA Scharff

Von Martin Meier aus Zürich (EBP Schweiz AG)

Von uns Gebäudetechnik-Experten war ein „Leuchtturmprojekt“ gefordert – Ein Projekt, das in seiner Konzeption und Umsetzung neue Maßstäbe im Spannungsfeld von Energieeffizienz, Wirtschaftlichkeit und Nutzerkomfort setzen sollte. Bereits früh in der Wettbewerbsphase wurden ausdrücklich innovative, haustechnische Lösungsvorschläge erwartet, wobei natürlichen Low-Tech Strategien gegenüber aufwendigen und komplexen Systemen klar der Vorzug gewährt wurde. Diesen hohen Ansprüchen galt es unter Berücksichtigung der Nutzungsflexibilität, einer großen Belegungsdichte und engen Kostenvorgaben gerecht zu werden. Eine große Herausforderung, die wir liebend gerne annahmen – Derartige Aufgabenstellungen sehen wir als Chance, neue Denkansätze und echte Innovationen zu entwickeln und erfolgreich umzusetzen.

In enger Zusammenarbeit mit dem Architektenteam entwickelten wir ein innovatives Gesamtkonzept, bestehend aus einer optimierten Gebäudehülle, einer großen thermischen Speichermasse und höchster Energieeffizienz der technischen Ausrüstung in allen Bereichen. Dabei stand insbesondere die gute Abstimmung der Technik auf das Gebäude und deren Nutzer im Vordergrund.

Die wesentlichen Eckpfeiler der Gebäudetechnikplanung sind das innovative Lüftungskonzept, bei dem das Treppenhaus als Abluftkanal dient und die Innenräume sich eigenständig mit Luft aus der Umgebung versorgen. Ein cleveres Energiemanagement Heizen/Kühlen (Change-Over), gekoppelt mit einer Kälteerzeugung die mehrheitlich ohne Kältemaschine funktioniert (spezielle hybride Kühltürme) sowie eine 100prozentige Nutzung der gebäudeinternen Abwärme durch direkt wassergekühlte IT.

Das Gebäude leistet, die Technik reguliert (nur)

Mit dem entwickelten Gebäude- und Technikkonzept wird konsequent der Grundsatz umgesetzt, dass das Gebäude selbst den Hauptanteil der energetisch raumklimatischen „Arbeit“ verrichtet, und die Technik nur noch die Feinjustierung vornimmt. So entsteht ein gutmütiges, fehlertolerantes Gebäude, welches eine extrem hohe Nutzerakzeptanz ermöglichen wird.

Die gut abgestimmte Gebäudehülle verhindert, durch einen wirksamen, außenliegenden Sonnenschutz und leistungsfähige Dämmung, ein Überhitzen der Innenräume während der heißen Sommertage und damit unnötige Kühllast. Zusätzlich wird durch die hohe thermische Speicherfähigkeit der Gebäudestruktur das Innenraumklima natürlich reguliert – Tagsüber erwärmt sich die „träge“ Speichermasse (Stahlbeton) nur langsam, womit die in der thermischen Masse gespeicherte Kühle der Nacht, tagsüber ohne technisches Dazutun (passiv) als Kühlleistung einen wirksamen Beitrag leisten kann. Da jedoch die nächtlichen Temperaturen gerade im Sommer oftmals nicht ausreichen würden, um die Speichermasse effektiv abzukühlen, wurden im Konzept sanfte, aktive Maßnahmen hinzugefügt.

Deckenspiegel 3. OG Bild: Plan: PHA Scharff

Gutes Raumklima – nichts Neues – einfach besser

Bei Bürobauten liegt haustechnisch der Schwerpunkt heute zumeist bei der Kühlung, Personen, Computer, Server, Küchengeräte etc. produzieren bereits ein großes Maß an Wärmelasten.

Gleichzeitig reduziert sich der effektive Wärmebedarf durch gute Wärmedämmung und auch optimierte solaren Gewinne (welche dank thermischer Speichermasse ohne unangenehme Temperaturschwankungen insbesondere in der Übergangszeit genutzt werden können) auf ein absolutes Minimum.

Um die Aktivität der thermischen Gebäudemasse optimal zu fördern, wird in den Bürobereichen bewusst auf strahlungsbasierte Raumklimasystem (Kühldecken/Bodenheizung) verzichtet. Zum Einsatz kommen projektspezifisch optimierte Klimakonvektoren (Fan-Coils). Diese Umluft-Technik ist nicht grundsätzlich neu, aber wie so oft sind die Details entscheidend. Gegenüber früher weisen optimierte Geräte wesentlich bessere Eigenschaften in Bezug auf Schall, Strom-verbrauch und Systemtemperaturen für Heizung (taz: 26/23°C) und Kühlung (taz: 19/23°C) auf. Reguliert werden sie ganz simpel über das Ein- und Ausschalten des Ventilators. Einfach und halt eben besser … .

“Schwitzen“ lassen wir die Kühltürme – nicht die Nutzer

Bei der Kälteerzeugung kann dank der hohen Systemtemperaturen größtenteils auf Kältema-schinen verzichtet werden. Das Kühlwasser wird mittels hocheffizienter hybrider Verduns-tungskühltürme erzeugt. Mit diesen werden Leistungszahlen von über 25 (zumeist sogar wesentlich höher) erreicht und erreichen damit Werte, die um Faktoren höher liegen, als die modernster Kältemaschinen. Die Kühltürme verdunsten dabei normales Leitungswasser (ohne aufwändige Aufbereitung). Da die Kühltürme weder Umlaufwasser noch Schwadenbildung aufweisen, sind sie auch bezüglich Lufthygiene (Legionellen) unkritisch. Dieser thermodynamische Vorgang kann mit dem Schwitzen verglichen werden, bei dem das Verdunsten von Flüssigkeit (Schweiss) auf der Haut auch einen kühlenden Effekt bewirkt. Nur an schwül-heißen Sommertagen, an denen die Kühltürme nicht die volle Leistung erbringen können, kommen Kältemaschinen zur Unterstützung zum Einsatz. Die hohen Kaltwassertemperaturen wirken sich dabei ebenfalls positiv auf die Leistungszahl dieser Maschinen aus.

Heizen direkt mit IT-Abwärme

Durch die konsequente Optimierung der Systemtemperaturen hin zum raumtemperaturnahmen Heizen und Kühlen der Räume werden Potenziale zur einfachen Nutzung von Wärmequellen erschlossen, welche bislang kaum oder nur mit großem Aufwand genutzt werden konnten. Der Rücklauf der Heizung ist beispielsweise noch kalt genug, um direkt zur Kühlung der IT-Racks verwendet zu werden. Auf diese Weise wird die IT-Abwärme auf einfache Art direkt und vollumfänglich zur Gebäudeheizung verwendet.

Perspektive Ansicht des Gebäudetechniksystems Bild: PHA Scharff

Neuartiges Lüftungskonzept

Besonders am Lüftungskonzept des Neubaus ist unter anderem die Tatsache, dass das Treppenhaus dem Abluftkanal entspricht. Die Abluft wird im Deckenbereich über motorisierte Klappen ins Treppenaus geleitet, wo sie dann, je nach Außentemperatur, natürlich ins Freie entlüftet oder über die Wärmerückgewinnung geführt wird. So kann im Winter die in die verbrauchte Raumluft (Abluft) investierte Energie effizient zurückgewonnen werden. Geruchs- oder schadstoffbelastete Luft beispielsweise der verschiedenen WC-Anlagen, werden wird dabei direkt abgesogen und separat über Dach geführt und gelangen gelangt so nicht ins Treppenhaus.

Angelehnt an das übergeordnete Lüftungsprinzip erfolgt das lufttechnische Konzept auch in-nerhalb der Großraumstrukturen ähnlich. Für innenliegende Räume (Fokus-, Besprechungs-räume etc.) wird die Zuluft über passive Überströmelemente aus dem anliegenden Großraumbüro eingebracht. Die Abluft wird über aktive Überströmelemente unterhalb der Decke zurück in den Verkehrsbereich der umliegenden Büros gefördert. Die Lüftung wir innerhalb dieser Räume über einen Präsenzmelder rein bedarfsabhängig gesteuert.

Durch dieses einfache Konzept ist eine energiesparende, raumspezifische Lüftung ohne horizontale Kanalführung, mit einfacher, wirksamer und für die Nutzer und Betreiber nachvollziehbarer Steuerung mit minimalem Technikaufwand möglich. Da auf diese Weise keine leeren Räume unnötig belüftet werden, wird der Luftumsatz ohne Komforteinbußen auf das tatsächlich notwendige Minimum reduziert werden, was sich zusätzlich zum reduzierten Energiebedarf für Luftförderung, insbesondere im Winter, positiv auf den Feuchtigkeitshaushalt im gesamten Gebäude auswirkt.

Komfort, Kosten

Unserer Erfahrung nach lassen solche und vergleichbare Raumklimakonzepte eine außerordentlich hohe Nutzerzufriedenheit erwarten. Zukunftsfähig ist dabei auch die Tatsache, dass solche Konzepte trotz des ganzheitlichen Ansatzes an Innovationen letztlich im Low-Tech Bereich anzusiedeln sind – Solche gutmütigen Systeme sind aufgrund der Belastbarkeit wesentlich weniger störungsanfällig und, einfach und kostengünstig zu betreiben. In direktem Vergleich mit Referenzbauten erwarten wir die Betriebskosten des taz Neubaus bei weniger als der Hälfte normaler Kosten – Dies als Resultat der pragmatischen und ausgeklügelten Nutzung von Synergien im Gebäude als Gesamtsystem.

Fazit

Erreicht wird neben einer hohen Kosteneffizienz im Erstellung und Betrieb auch ein Energiestandard, der mit dem eines Passivhauses vergleichbar ist. Der durch die hohe Energieeffizienz bei Heizung, Kühlung und Lüftung erreichte geringe Stromverbrauch für die Gebäudetechnik, kann durch die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Neubaus im Jahresverlauf gedeckt werden. Durch diese ausgeglichene Jahresbilanz soll in der Gebäudetechnik ein CO2-freier Betrieb erreicht werden. Um darüber hinaus auch ein ökologisches Verhalten der Mitarbeitenden und Gäste zu unterstützen, werden in der Tiefgarage keine Stellplätze für Autos, sondern nur für Fahrräder angeboten.

Martin Meier ist Gebäudetechnik-Ingenieur, arbeitet seit 18 Jahren für EBP und ist spezialisiert auf gesamtheitlich optimierte Gebäudekonzepte.