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Die Grünen und das Verbrenner-AusPeinliches Manöver, aber Kurve gekriegt

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Zum Start der Automesse wollen die Grünen nicht autofeindlich wirken. Das ideologische Hin und Her von Katharina Dröge zum Verbrenner-Aus beweist das.

Weltpremiere Mercedes-Benz GLC: Die IAA Mobility 2025 findet vom 09.-14.09.2025 in München statt Foto: Sven Hoppe/dpa

A m Dienstag beginnt die Automesse IAA in München – und Deutschland debattiert, ob die Autowirtschaft sich wirklich in die Zukunft bewegen muss. Zwischendurch zeigte sich selbst die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, offen für eine Verschiebung des Verbrenner-Aus.

Bislang ist vorgesehen, dass in der Europäischen Union ab 2035 keine Autos mehr zugelassen werden dürfen, die klimaschädliche Emissionen verursachen. Einige EU-Mitgliedstaaten waren schwer zu überzeugen. Deutschland etwa – damals unter der Ampelregierung – bestand auf einer unsinnigen Ausnahmeklausel für Pkw, die ausschließlich CO2-neutrale E-Fuels tanken können.

Am Ende aber kam die Regelung durch und bedeutete praktisch: Neue Verbrenner gibt es ab 2035 nicht mehr. Ein klimapolitischer Großerfolg, auch wenn ihn sich Kli­ma­schüt­ze­r*in­nen zu Recht noch ein paar Jahre früher gewünscht hätten.

Den Fortschritt wieder umzukehren, hat etwa CSU-Chef Markus Söder gerade in der Bild am Sonntag gefordert. Die Europäische Volkspartei (EVP), der CDU und CSU angehören, will das ohnehin schon lange. Am Sonntagabend wies dann Grünen-Fraktionschefin Dröge in der ARD darauf hin, der Grünen-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg, Ex-Bundesagrarminister Cem Özdemir, habe gesagt: „Ob ein Jahr früher oder später, das ist nicht die Frage. Und ich finde: Das ist auch nicht die Frage.“

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So eine Aussage einer Oppositionspolitikerin hat zwar keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Auftreten der Regierung in Brüssel. Aber es verleiht den konservativen Bestrebungen, das Verbrenner-Aus zu kippen, mehr Legitimität, wenn selbst die Grünen das mit dem Enddatum nicht so eng sehen.

Kehrtwende zur Kehrtwende?

Dröges Beweggründe dürften durch den Verweis auf Cem Özdemir klar sein: Sie wollte, dass der Ministerpräsident von Baden-Württemberg grün bleibt, und versuchte, im Land von Mercedes-Benz nicht autofeindlich zu wirken. Doch so, wie man den Rechtsruck nicht verhindern kann, indem man selbst AfD-Politik macht, können die Grünen den Klima-Backlash nicht aufhalten, indem sie ihn selbst vollziehen.

Immerhin: Den Fauxpas hat wohl auch Dröge mittlerweile erkannt, womöglich wurde sie auch von wütenden Par­tei­kol­le­g*in­nen darauf gestoßen. „Es wäre ein großer Fehler, jetzt das Datum für das Aus für Verbrennungsmotoren im Jahr 2035 infrage zu stellen“, sagte sie am Montagnachmittag der Deutschen Presse-Agentur. Die Grünen würden von der Bundesregierung ein klares Bekenntnis dazu fordern.

Peinliches Manöver, aber Kurve gekriegt.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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1 Kommentar

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  • Man kann nur hoffen, dass bis dahin der Markt das Ganze geregelt hat. Benzin oder Gas werden zu teuer sein, auch die europäischen Autohersteller werden bezahlbare E-Autos mit akzeptablen Reichweiten herstellen können. Die Ladeinfrastruktur wird dann hoffentlich ausreichend sein. Verbrenner werden dann noch ein paar reiche Nostalgiker fahren, was ja auch gut so ist.



    Man wird sich zum Glück wegen des dringend notwendigen Wandels nicht auf die Politik verlassen müssen. Selbst die Grünen sind da ja leider offenbar bereit, den dringend notwendigen Wandel aufzuschieben.