Die Kolumne: Im Zweifel ökosozial: Die Antwort auf Trump

In einer sich verhärtenden Welt und eines wachsenden Rechtspopulismus helfen keine politisch korrekten Mikromilieus. Auch keine Ökos. Sondern nur Mehrheiten.

„Make America great again“ – Mit diesem Versprechen sicherte sich Rechtspopulist Donald Trump Wählerstimmen Bild: Reuters

Der Sieg des US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump ist ein Sieg der Demokratie. Nach dem Wahlrecht hat ihn eine klare Mehrheit gewählt. Simple as that. Das ist die große Schwierigkeit, wenn man der Überzeugung ist, dass es eine ganz schlechte und falsche Wahl war.

Es hilft aber nicht, dem künftigen Präsidenten weiterhin hauptsächlich entgegenzuschleudern, dass er ein Rassist, Sexist, Klimaproblemleugner und so weiter sei. Das mögen aus Sicht mancher Verteidiger der offenen und sozialökologischen Gesellschaft berechtigte moralische Argumente sein. Aber das hat die Mehrheit eben nicht davon abgehalten, Trump zu wählen. Im Gegenteil.

Trumps Sieg ist ein so gewaltiger Sieg des Populismus, dass es keine Antwort darauf gibt, die wir schon immer gegeben haben. Jedenfalls keine Erfolg versprechende. Alle die, die jetzt Trumps Wähler beschimpfen, werden genau den Groll verstärken, der zu seiner Wahl geführt hat. Alle die, die sagen, sie hätten es schon immer gesagt, werden die Krise verschärfen. Alle die, die denken, die Antwort auf Radikalisierung sei die eigene Radikalisierung, werden die Spaltung vergrößern.

In so einer Situation einer neuen Unsicherheit, Ängste zu haben, ist normal. Ängste zu schüren allerdings, ist verantwortungslos. Im Grunde sind manche Liberale nun in der Situation, in der die Autoritären längst sind: Sie fürchten, dass das „nicht mehr ihre Welt ist“. Nun kommt es aber darauf an, eben selbst nicht so zu reagieren, wie sie es rechten Kleinbürgern vorwerfen. Mit Paranoia. Sondern mit der Unsicherheit produktiv umzugehen.

Eine Realität, mit der man klarkommen muss

In so einer Lage das Konservative mit dem Rechtspopulistischen und Rechtsextremen zu verwechseln oder gar zusammenzuschieben, ist ein sicherer Weg, den anderen Kräften in die Hände zu arbeiten. Noch fataler ist nur, gleich auch noch Vertreter der offenen, sozialökologischen Gesellschaft hinter die rechte Mauer zu schicken.

Ausnahmsweise ganz vorn dran ist in dieser Hinsicht der Publizist Jakob Augstein, der mit dem Pegida-Sound-Begriff „rechte Grüne“ für Politiker wie Cem Özdemir und Ministerpräsident Winfried Kretschmann hantiert, zwei der exponiertesten Verteidiger der offenen, sozialökologischen Gesellschaft.

Was soll das bringen – außer Stärkung der rechtspopulistischen Kräfte? Irgendwann bleiben nicht mehr viele übrig, die als würdig betrachtet werden, die offene Gesellschaft zu bewahren und die sozialökologische Zukunft zu gestalten. Und damit gibt es keine solche Zukunft.

Die Mehrheit für den Populismus von Trump und dessen Ignoranz gegenüber so einigem, vor allem auch der Klimaerhitzung, sind eine Realität, mit der man jetzt klarkommen muss. Moralisch kommt man ihr jedenfalls nicht bei, wie man übrigens auch die sozialen Probleme des deklassierten Teils der Trump-Wähler nicht moralisch lösen kann, sondern nur politisch.

Das alles heißt nicht, dass man sich wegducken soll und kann. Im Gegenteil. Aber in einer Welt einer womöglich isolationistischen USA, von Syrien, Erdogan, Putin, Brexit und China, helfen keine politisch korrekten Mikromilieus. Die Verteidigung der europäischen, offenen, wohlhabenden Gesellschaft und ihrer Errungenschaften und der Kampf gegen die Klimaerhitzung braucht gesellschaftliche und politische Mehrheiten.

In Deutschland. Und in der EU.

Die Antwort auf Trump ist eine bessere EU

Diese EU ist nicht gut, aber auch längst nicht so schlecht, wie sie gern gemacht wird. Sie ist das, was wir haben und gestalten können. Unsere Antwort auf eine trumpere Welt kann nur eine bessere EU sein. Je geschlossener die EU, auch durch harte Kompromisse, desto offener bleibt die Gesellschaft. Das ist hart, aber es ist so. Die Zeit des „kleineren Übels“ ist mitnichten vorbei. Das sorgsame Abwägen zwischen verschiedenen Übeln ist jetzt unsere vornehmste Pflicht. Leider.

Klar: Entschlossene Politik für eine sozialökologische und damit gerechtere Zukunft hat für viele bis auf Weiteres nicht oberste Priorität. Selbst wenn es keine andere Zukunft geben sollte. Um das zu ändern, braucht es eine mehrheitsfähige, sozialökologische Lebens-, Kultur- und Wirtschaftsvorstellung, die sich in der EU durchsetzen kann und die die EU als Role Model in einer sich verhärtenden Welt neu behauptet.

Das funktioniert nur, wenn der moralische Modus durch den politischen ersetzt wird. Und der partikulare durch einen ganzheitlichen: Gelindert werden können die Probleme Armut, Hass, Migration, Klimawandel, Arbeit und Digitalisierung nur, wenn sie in ihren komplexen Zusammenhängen erfasst und politisch bearbeitet werden.

Eine Mehrheit von Ökos wird es niemals geben. Aber eine gesellschaftliche Mehrheitsvereinbarung ist möglich. Sie lautet: Im Zweifel ökosozial.

PETER UNFRIED ist Co-Chefredakteur von zeozwei.

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