Die Scorpions und ihr neues Album: Monsters of Marketing

Am Freitag erscheint das neue Live-Album der Scorpions. Es ist Teil eines Konzeptes, das den wirtschaftlichen Erfolg im Export sucht.

Hat nichts gegen gesangliche Unterstützung: Scorpions-Sänger Klaus Meine. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Scorpions haben der Welt nicht nur den Song „Wind of Change“ geschenkt, sie sind auch Weltmeister darin, ihre Fans zu verarschen. Im März 2010 ging die Band aus Hannover mit großem Getöse auf Abschiedstournee durch die wirklich großen Hallen und Stadien des Planeten. 2012 hieß es, jetzt gebe es nur noch 76 Konzerte unter dem Motto „Final Sting“, dann sei Schluss. Im Januar 2013 gab die Band dann den Rücktritt vom Rücktritt bekannt: Es folgten weitere Stadion-Konzerte weltweit. Am Freitag erscheint nun das neue Album der Scorpions. Der Einfachheit halber ist es ein Live-Album namens „MTV Unplugged in Athens“.

Das Gute an der Marketing-Methode des ewigen Abschieds ist, dass sie mitunter unterhaltsame Nachrufe nach sich zieht. Der Spiegel beispielsweise analysierte 2012, die Scorpions stünden für eine „große deutsche Urangst“, nämlich: „Die Angst, provinziell zu sein.“ Die Band um Sänger Klaus Meine sei für die Leute hierzulande „das Fleisch gewordene Hannover“.

Die Folge davon ist, dass die Scorpions überall auf der Welt mehr geliebt werden als in Deutschland. Deshalb haben sie entschieden, ihr neues Live-Album in Griechenland aufzunehmen. „Wir haben großartige Fans in aller Welt“, sagt Abschiedstournee-Experte Klaus Meine. „Aber die eingefleischtesten Fans kommen aus Griechenland.“

Ebenso pragmatisch ist die Entscheidung, ein Album im Unplugged-Format zu produzieren. „Unplugged“, das bedeutet bei den Scorpions, dass statt der E-Gitarren akustische Gitarren verwendet werden, die Songs aber trotzdem noch nach Rockmusik klingen – nur etwas softer. Außerdem gibt es Gast-Sänger aus dem Norden: A-ha-Frontmann Morten Harket (Norwegen), Johannes Strate von Revolverheld (Worpswede) und die Hamburgerin Cäthe, die mit Klaus Meine im Duett singen – man könnte auch sagen: ihn gesanglich entlasten.

Beides, der softe Sound und die gesangliche Unterstützung, bewahren die Scorpions davor, sich zu blamieren. Bereits 2010 bei der Abschiedstournee Nummer eins war der damals 62-jährige Klaus Meine stimmlich am Limit. Mittlerweile ist Klaus Meine 65 und wenn er bei den Auftritten nicht mehr gegen E-Gitarren anschreien muss, dann haben alle etwas davon.

Die Veröffentlichung des neuen Albums feiern die Scorpions am Freitag nicht öffentlich, erst am Samstag gibt es die Chance, die Band bei einer Signierstunde in einem Saturn-Markt in Köln zu treffen. Ab Mitte Dezember geht die Band dann wieder auf Tour, um das neue Live-Album wiederum live vorzustellen: Rumänien, Bulgarien, Spanien. Die Scorpions sind in ihrem Fach Exportweltmeister. Sie sind nicht nur das Fleisch gewordene Hannover, sie sind auch das Fleisch gewordene Stuttgart, Wolfsburg und Zuffenhausen.

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