Die Streitfrage: „Mut zur Auszeit“

Freizeitforscher Horst W. Opaschowski warnt vor Rastlosigkeit und Zeitnot. Dagegen hilft nur: Freizeit in den Terminkalender schreiben.

Einfach mal abtauchen: Hängematte statt Arbeitsplatz. Bild: dpa

60-Stunden-Wochen, 24-Stunden-Erreichbarkeit, Home-Office – die klassische Freizeit gerät unter Druck. Für Hobbys gibt es kaum noch Freiraum im Alltag, für Freunde und Familie auch nicht. Der 8-Stunden-Arbeitstag mit anschließendem Feierabend und klar geregelten Zeiten wird da fast zu einem Mythos. Burnout und psychische Krankheiten sind die Folge, das zeigen Studien der Krankenkassen seit Jahren. Wird der klassische Feierabend durch den Stand-by-Modus ersetzt?

Der Freizeitwissenschaftler Horst W. Opaschowski sagt in der taz.am wochenende: „Das Leben der Generation @ gleicht dem vernetzter Nomaden, die rast- und ruhelos überall ihre Zelte aufschlagen können.“ Diese 24-Stunden-Gesellschaft fordert ihren Tribut: „Aus Angst, etwas zu verpassen, gehen die Menschen das Risiko von Zeitnot ein und träumen dabei vom Zeitwohlstand.“

Heinrich Alt, Mitglied im Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, sieht die neuen technischen Möglichkeiten kritischer. Diese würden nicht genutzt, um Freiräume zu schaffen, sondern um sich zu geißeln: „Arbeit verdichtet, beschleunigt und entgrenzt sich. Privatleben und Arbeit vermischen sich dadurch zu einem stressigen Brei.“ In der taz fordert er: „Unternehmen, Personalvertretungen und Arbeitnehmer müssen sich zusammensetzen und die richtige Balance für eine humane Lösung finden.“

„Freizeit muss man sich heute in den Terminkalender schreiben“, meint der amerikanische Bestsellerautor Timothy Ferriss. Sein Buch „Die 4-Stunden-Woche“, in dem er zeigt, wie man seine Zeit optimal nutzen kann, wurde in den USA mehr als 1,5 Millionen mal verkauft. Prioritäten setzten ist für ihn dabei das Entscheidende, denn „wenn es sich anfühlt, als hätte man keine Zeit, dann hat man keine klaren Prioritäten. Man sollte sich über seine Top-3-Prioritäten klar werden und die verfolgen, anstatt permanent E-Mails zu beantworten“ sagt Ferriss.

Die Nazis legten fest: Mörder sind heimtückisch. Jetzt will der Justizminister den Mordparagrafen reformieren, den Begriff vielleicht abschaffen. Kann es eine Gesellschaft ohne Mord geben? Ermittlungen in einem besonders schweren Fall in der taz.am wochenende vom 18./19.Oktober 2014. Außerdem: Leben im Krieg – In Aleppo wohnen Menschen, aber wie? Reportage aus der geschundenen Stadt. Und: Ein Schlagabtausch mit dem Regisseur Fatih Akin. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Als Lösung sieht die Schauspielerin Rebecca Immanuel eine bewusste Entscheidung zur Auszeit. Ein Ausgleich zum starken Druck, der mittlerweile in jeder Branche Einzug gehalten hat, wird wichtiger denn je, ist sich Immanuel sicher. „Für eine bewusste Auszeit braucht es aber Mut – und das Vertrauen, dass die Welt nicht untergeht, wenn man mal offline ist.“

Die Streitfrage beantworten außerdem der Journalist und Hobbyist David Denk und die taz-Leserin Ursula Brundiers – in der taz.am wochenende vom 18./19. Oktober 2014.

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