Die Streitfrage: Pazifismus adieu?

Der Vormarsch des Islamischen Staats scheint unaufhaltsam, der Ruf nach mehr Militär wird lauter. Ist das das Ende des Pazifismus?

Bomben auf Kobani: Luftschläge der USA sollen den IS aufhalten Bild: dpa

Der Vormarsch der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) scheint unaufhaltsam. Große Teile Syriens und des Iraks sind unter ihrer Kontrolle. Augenzeugen berichten von Vergewaltigungen von Frauen und Kindern, im Internet kursieren Videos von Enthauptungen, IS-Anhänger brüsten sich mit der Hinrichtung Tausender Männer. Die Bombardements der US-Amerikaner aus der Luft scheinen die Dschihadisten kaum zu schwächen.

Muss man das mit ansehen, weil westliche Staaten nicht in einen neuen Krieg gezogen werden wollen? Oder wäre ein entschiedenes militärisches Eingreifen angebracht?

Selbst Vertreter der Evangelischen Kirche wie der ehemalige Ratsvorsitzende Wolfgang Huber fordern nunmehr stärkeres Engagement: „Man mag über den richtigen Weg zur Hilfe streiten; aber man kann sich nicht heraushalten“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er sehe in dem Gebot „Du sollst nicht töten“ auch den Appell „Du sollst nicht töten lassen“.

Tatsächlich bedeutet ja Pazifismus dem ursprünglichen Wortsinn zufolge eben das: „Frieden machen“, wie kürzlich der Jurist Albrecht von Lucke in der taz erklärte. Pazifismus, das besteht aus den lateinischen Wörtern „pacem“, also Frieden, und „facere“, also machen. Die Frage aber ist: Wie schafft der Pazifist Frieden, schließt er Waffen grundsätzlich aus?

Nach 1945 forderte die Friedensbewegung hierzulande: „Nie wieder Krieg!“ Die Argumente sind klar: Sind zwei Parteien unterschiedlicher Meinung, muss es eine Lösung geben, die keine Waffen beinhaltet. Gewalt, so die Theorie, erzeugt immer Gegengewalt.

Was aber, wenn eine Partei kein Interesse an Verhandlungen und friedlichen Lösungen hat? Der IS strebt ein islamistisches Kalifat an, wie viele Menschen auf dem Weg in diese Regierungsform sterben, scheint egal. Ist es da nicht naiv, für eine gewaltlose Reaktion zu plädieren? Oder sogar feige, sich hinter dem Pazifismus zu verstecken?

Die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, macht sich inzwischen stark für einen Bundeswehr-Einsatz in Syrien. Und der Linken-Vorsitzende Dietmar Bartsch glaubt, dass nur ein UN-Mandat die Menschen in Kobani vor dem IS retten kann.

Pazifismus adieu?

Kann man heute noch Pazifist sein – oder ist das veraltet? Hat der Pazifismus vielleicht einfach Pause? Oder ist es komplizierter und auch Pazifisten können in Ausnahmefällen mit Waffen Frieden schaffen?

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