Die Trainer von Italien und England: Der Pädagoge und der Nette

Cesare Prandelli weiß, wie er die italienischen Nationalspieler zurückpfeift. Englands Roy Hodgons sorgt dafür, dass eine gute Stimmung herrscht im Team.

Cesare Prandelli ist ein Verfechter der offensiven Spielkultur. Bild: reuters

ITALIEN

Müde sahen sie am Mittwoch aus, die Italiener. Der Squadra Azzurra und ihrem Allenatore steckte aber nicht nur das zähe Spiel gegen die Iren in den Knochen, sondern der darauf folgende nächtliche Marsch zu einem Kloster in der Nähe von Krakau.

21 Kilometer hatte die italienische Delegation zu Fuß zurückgelegt und damit ein Versprechen eingelöst, das den Mönchen vor der EM gegeben wurde: Wenn wir das Viertelfinale erreichen, pilgern wir zu euch. Das der nächtliche Ausflug ohne Murren ablief, ist der Verdienst eines Mannes, der es geschafft hat die skandalträchtigen Öffentlichkeitsspielchen seines Teams auf ein Minimum herunter zu fahren.

Cesare Prandelli ist seit 2010 im Amt. Er ist nicht nur ein Verfechter der offensiven Spielkultur, sondern auch ein bemerkenswerter Pädagoge. Er pfiff seinen exzentrischen Stürmer Antonio Cassano unmissverständlich nach seinem homophoben Exkurs zurück. Und: Er ließ den Wettskandal, der vor der EM ein großes mediales Thema gewesen war, vergessen, indem er seine Mannschaft, insbesondere im Spiel gegen gegen die hochfavorisierten Spanier, mit ungeahnter Spielkultur überzeugen ließ.

Prandelli beherrscht die Rolle des sympathischen Moralphilosophen ebenso wie die des klugen Taktikers. Mit seiner Dreier-Abwehrkette gegen die Spanier hatte niemand gerechnet. Die personelle Mischung in dem vom brillanten Andrea Pirlo und dem resoluten Daniele de Rossi angeführten Team stimmt. "Das ist das Italien, das wir lieben" titelte Corriere dello Sport am Dienstag.

Roy Hodgsons Spielidee ist simpel. Bild: dapd

Das Team zählt mittlerweile zu den Titelanwärtern. Prandelli weiß, was dafür notwendig ist: "Die Qualität kommt eh immer zum Vorschein, aber wenn du nicht dein Herz rein steckst, tust du dich einfach schwer." Sollten die Italiener den Titel holen, wird wieder ins Kloster gewandert. Das haben die Squadra Azzurra und ihr Allenatore den Mönchen versprochen. JAN SCHEPER

ENGLAND

Groß war die Skepsis als Roy Hodgson vor knapp zwei Monaten als englischer Nationaltrainer vorgestellt wurde. Nach zwei Siegen in der Vorbereitung gegen Belgien und Norwegen, hat sich die Stimmung aber bereits zum EM-Auftakt gegen Frankreich zum Positiven gewendet. Vom Vertrauen, das sich der 64-Jährige in Rekordzeit erarbeitet hat, zeugte ein Plakat im englischen Fanblock: „In Roy We Trust".

Zwar sind die Kritiker, die England durch Hodgsons taktischen Plan „vor die Zeit der Weltmeisterschaft von 1966 zurückversetzt" sehen (The Guardian), nicht gänzlich verstummt, doch die Gewissheit, dass sein Spielsystem im Misserfolg münden wird, ist nach der respektablen Vorrunde zerstört.

Hodgsons Spielidee ist simpel: Gut organisiert muss seine Mannschaft sein, der er stets ein starres 4-4-2-System verordnet. Orientiert an Liverpools Fußball der Siebziger Jahre fordert er: schnell passen und laufen und bei Ballverlust sofort wieder die Position einnehmen. Als Trainer von Halmstads BK revolutionierte er vor 35 Jahren auf diese Weise den schwedischen Fußball. Bei der EM ist er der letzte Trainer, der an diesem System festhält.

Detailversessen arbeitet Hodgson mit seinen Spielern, bis alle die Abläufe zwischen den beiden Viererketten und den zwei Sturmspitzen verinnerlicht haben. Insbesondere Teams, deren Potenzial nicht zur absoluten Spitze reicht, profitieren von der klaren Rollenverteilung. So führte er den kleinen FC Fulham 2010 ins Europapokalfinale, und so will er dem englischen Team, das durch Verletzungspech und die Rassismusvorwürfe gegen Exkapitän John Terry verunsichert wurde, die nötige Stabilität verleihen.

Ebenso wichtig ist Ron Hodgons Fähigkeit, für eine positive Atmosphäre im Team zu sorgen. Der Trainer redet viel mit seinen Spielern, besonders redet er sie stark. Nicht von ungefähr verpassten ihm englische Medien den Spitznamen „Der netteste Mann im Fußball.” ERIK PETER

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