Die Wahl in Thüringen und der Bund: Das Ende der Träume von R2G

Rot-Rot-Grün hat die Wahl in Thüringen eigentlich gewonnen. Aber bitter ist: Linke Koalitionen sind in Deutschland trotzdem kaum mehr möglich.

Der Gewinner der Wahl in Thüringen, Bodo Ramelow mit Blumen aber ohne linke Mehrheit in Thüringen Foto: Christoph Soeder/dpa

Rot-Rot-Grün ist gescheitert. Selbst wenn Linke, SPD und Grüne in Thüringen als Minderheitsregierung weiterregieren sollten: Die linke Mehrheit ist weg. Bitter ist dieses Ergebnis über den Freistaat hinaus für alle, die 2014 gehofft hatten, das Erfurter Bündnis könnte sich zur Blaupause für andere Länder und den Bund entwickeln.

Rot-Rot-Grün in Thüringen hat in den letzten fünf Jahren zwar vieles richtig gemacht, trat am Sonntag unter besten Rahmenbedingungen zur Wiederwahl an und hat bei einem genauen Blick auf die Zahlen sogar gewonnen. Davon können sich die drei Parteien aber nichts kaufen. Mit dem Aufkommen der AfD als drittes politisches Lager zerschlagen sich wohl alle Träume von flächendeckenden rot-rot-grünen Mehrheiten in Deutschland.

Schauen wir auf die Zahlen: In Relation zu allen abgegeben Stimmen hat R2G zwar knapp 2 Prozentpunkte verloren. In absoluten Zahlen hat das Bündnis aber über 56.000 Stimmen gewonnen. Zum Teil liegt das daran, dass sogar ehemalige CDU-Wähler*innen ins linke Lager gewechselt sind. Als einzige der drei Regierungsparteien hat die SPD dieses Mal weniger Stimmen bekommen als 2014. Umfragen zufolge liegt das unter anderem an der Unzufriedenheit mit der Großen Koalition im Bund.

Abgesehen davon war die Ausgangssituation am Sonntag beinahe ausgezeichnet. Das starke Ergebnis kommt aus mehreren Gründen nicht überraschend: Anders als 2014 gilt es heute nicht mehr als Tabu, einen Linken-Politiker zum Regierungschef zu machen. Der Ministerpräsident und seine Koalitionspartner haben in den letzten fünf Jahren weitgehend reibungslos und kooperativ regiert. Die Wähler*innen im Land waren mit den Resultaten größtenteils zufrieden. Den Menschen in Thüringen geht es allgemein gut. Und alle drei Parteien hatten sich in einem Lagerwahlkampf klar zum rot-rot-grünen Projekt bekannt.

Dass Rot-Rot-Grün trotz alledem keine Mehrheit im Landtag mehr bekommt, hat einen einfachen Grund: Die AfD mobilisiert zahlreiche ehemalige Nichtwähler*innen, nach verschiedenen Zahlen zwischen 78.000 und 95.000. Die Rechtsextremen gehen vermehrt an die Urne, die Wahlbeteiligung steigt, und die absoluten Zuwächse der Mitte-links-Parteien verwandeln sich in relative Verluste. Thüringen ist zwar nicht der Bund, der Trend gilt aber auch anderswo. Auch wenn es schmerzt: Rot-Rot-Grün ist mittlerweile ganz weit weg.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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