Die Wahrheit: Unter Fremden

Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit. Heute darf sich die Leserschaft an einem Poem über Menschen, die in einen hineinsehen, erfreuen.

Unter Fremden. Bild: Rainer Hachfeld

Unter Fremden

Fremde Menschen schauen in deine Wiege

und verkünden, du seist eindeutig zu dünn.

Fremde Menschen schauen in deinen Ranzen

und beanstanden die Unordnung darin.

Fremde Menschen schauen in deinen Koffer

und durchwühlen deinen Reiseproviant.

Fremde Menschen schauen dir in die Nase

und vermissen dort die Nasenscheidewand.

Fremde Menschen schauen dir in die Ohren

und verordnen dir ein teures Hörgerät.

Fremde Menschen schauen dir in die Augen

und empfehlen dir die Fatburner-Diät.

Fremde Menschen schauen dir in den Mund

und erblicken schwarze Konkremente.

Fremde Menschen schauen dir in den Bauch

und erzählen dir was von der Riester-Rente.

Fremde Menschen schauen dir in den After

und ertasten ein bedrohliches Geschwür.

Fremde Menschen schauen dir in den Zipfel

und verlangen auch noch gutes Geld dafür.

Fremde Menschen schauen dir ins Herz

und erkennen einen unverwundenen Schmerz.

Fremde Menschen schauen in deine Seele,

und sie fragen dich, wo es denn fehle.

Und nach dieser Zeit, die Gott dir gab,

Schauen fremde Menschen in dein Grab.

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kari

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