Die Wahrheit: Stunde null im All

Neues vom Mayakalender: Noch drei Tage bis zum Weltuntergang.

Irgendwo draußen im Weltraum beginnt die ganze verdammte Scheiße, die bald zum Glück vorbei ist. Bild: reuters

Seit mehreren Monaten berichtet die Wahrheit nun schon von den bisher immer exakt eingetretenen Prophezeiungen der Maya. Nun ist es fast so weit. Noch drei Tage bleiben uns auf diesem schönen Planeten. Grund genug für die Wahrheit, einen Blick zurück auf die letzten Jahre zu werfen, genauer: auf die 13,7 Milliarden Jahre, die es das Weltall schon gibt und in deren Verlauf auch Erde und Menschheit dazukamen. Leider alles völlig umsonst, wie wir jetzt wissen, aber was immer am Samstag von all dem noch übrig sein wird, eines ist sicher: Früher war auch nicht alles besser, zum Beispiel die Umlaufbahn.

Die Geschichte beginnt vor 13,7 Milliarden Jahren mit einem gewaltigen Urknall. Der noch junge Gott sitzt, wie immer zu Tode gelangweilt, im Himmel oder Olymp oder auch Osnabrück und schaut gähnend auf die Uhr. Plötzlich rummst es gewaltig, lauter als alles, was Gott bis dato gehört hat.

Der ganze Laden fliegt ihm um die Ohren, er kann gerade noch die Zigarette festhalten, denn mit dem Pfeiferauchen begann er erst später. Noch heute sagt Gott von diesem Moment, es sei das letzte Mal gewesen, dass er sich so richtig lebendig gefühlt habe. Aus dem reichlich vorhandenen Schutt formt er dann die Welt nach seinem Ebenbild. Das Ergebnis können wir heute betrachten, im History-Channel, auf der Straße und am FKK-Strand.

Nach einer sehr langen Bauphase, Sternengeburten, Trauerfeiern und Supernovae, aus denen beispielsweise der Heavy Metal entsteht, gibt es dann vor 4,6 Milliarden Jahren plötzlich auch unser Sonnensystem mit einer Erde, deren Oberfläche aus glühender Lava besteht, also in etwa so, wie es nächste Woche wieder aussehen wird. Langsam werden auch die klimatischen Bedingungen geschaffen, die Leben auf dem Planeten ermöglichen, und schon errichten die Bakterien ein erstes Weltreich. Bis zur Erfindung der Desinfektion müssen aber noch ein paar Milliarden Jahre vergehen. Die Bakterien bleiben nicht allein, irgendwann ist das ganze Meer voll mit Artenvielfalt.

Vor 400 Millionen Jahren gehen die ersten Amphibienfahrzeuge an Land und beginnen eine Invasion, die schon bald die gesamte Erde unterjocht. Mit mehreren Unterbrechungen durch Massenartensterben bevölkern zunächst Reptilien und Kriecher, dann Saurier und Blutsauger den Planeten. Weil sie aber noch keine Kartoffeln einlagern können, rafft die Eiszeit sie alle dahin und macht endlich den Weg frei für die Krone der Schöpfung: die Säugetiere, auch Kulturbringer genannt.

Die ersten Menschen haben es noch ziemlich schwer. Völlig nackt irren sie auf dem chaotischen Planeten umher, wo noch nichts ausgeschildert ist und hinter jedem Busch eine Bestie lauert. Eine komplett lebensfeindliche Umgebung, fast so schlimm wie heute in Sachsen-Anhalt. Doch zwei wichtige Ereignisse bringen die Entwicklung voran. Einerseits treffen sich Neandertaler und Homo Sapiens. Der Homo Sapiens fragt nach Feuer, der Neandertaler stirbt aus und übrig bleibt der Homo Sapiens Sapiens.

Völlig jenseits, aber faktisch zur selben Zeit, treffen sich Adam und Eva, die beiden von Gott geformten Freizeitfiguren machen alles verkehrt und müssen deshalb fortan Dreifelderwirtschaft betreiben. Der Siegeszug der Menschheit ist nicht mehr aufzuhalten, selbst Gott muss staunend zuschauen, wie sich in rasender Geschwindigkeit die ersten Hochkulturen bilden. Im Jahr 3114 vor Christus legt eine dieser Kulturen den Mayakalender an, ein Periodikum, das im Jahr 2012 in die Schlagzeilen kommen wird. Die Maya wussten, wie schlimm dieser Weltuntergang wird und sind deshalb selbst mehrheitlich schon freiwillig vorher untergegangen.

Rasant dreht sich das Geschichtsrad weiter, Ägypter werden von Griechen abgelöst, Römer beerben die Griechen. Ähnliches geschieht auf anderen Teilen der Erdkugel, die immer mal wieder von besonders schlauen Experten für eine Scheibe gehalten wird. Gott ist von der wiederkehrenden Gleichförmigkeit der Ereignisse so furchtbar gelangweilt, dass er ungewollt schwanger wird und ein selbstverständlich uneheliches Kind zur Welt bringt. Den Geburtstag des kleinen Bastards erklärt er kurzerhand zum Jahr null.

In den nächsten Jahrhunderten setzt Gott zahlreiche Päpste, Pfaffen und Kreuzritter ein, um den neuen Kalender und seinen Willen durchzusetzen. Das finstere Mittelalter beginnt ihm fast ein wenig Freude zu machen, doch trotz Folter und Scheiterhaufen sind ihm seine irdischen Diener längst nicht brutal genug. Leute wie die Maya, die ihren Menschenopfern mit Steinwerkzeugen bei lebendigem Leib die Organe entnehmen, gefallen ihm da schon besser.

Gut 2.000 Jahre nach der Geburt Jesu Christus hat sich die Menschheit in riesigen Sprüngen fortentwickelt. Vor Kurzem war ihr noch das Ticket für die erste Eisenbahn zu teuer, nun ist sie komplett ins Internet umgezogen. Dort gibt es zwar auch genügend Brutalität, aber Gott beginnt sich schon wieder furchtbar zu langweilen. Er vernachlässigt seine Aufsichtspflicht und lässt den Laden einfach laufen.

Anders ist es nicht zu erklären, dass der bärtige Kauz so etwas wie die Piratenpartei zulassen konnte. Doch er hat selbst erkannt, dass er einmal mehr eingreifen muss, und sorgt wieder einmal höchstpersönlich für eine Überraschung. Jetzt, wo sein Kalender sich überall durchgesetzt hat, schenkt er uns den Mayakalender. Vielleicht klatscht er am Freitag in die Hände. Auf jeden Fall wird Blut fließen.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.