Die Wahrheit: Vorsorglich schon mal vorsorgen

Wer für alle Fälle auf Nummer sicher gehen will, der sollte sich überlegen, schießwütige, weiße Polizisten in den USA einfrieren zu lassen.

Vorsorge geht manchmal seltsame Wege: Vorsorglich wurden in diesem Frühjahr in Namibia allen einheimischen Nashörnern die Nashörner abgetrennt. Fachgerecht, vom Veterinär – damit die Wilderer die Tiere nicht umbringen. Denn die Hörner erzielen in China horrende Preise als zerstampftes Potenzpulver für uralte Chinesen. Doch ist ein Nashorn noch ein glückliches Nashorn, ohne Nashorn?

Ist ein Kleinkind, das zum Frühstück Psychopharmaka auf dem Teller vorfindet, noch ein glückliches Kleinkind? Vorsorgliche Gentests mit psychiatrischer Prophezeiung verurteilen in den USA schon Dreijährige zum ständigen Verzehr von Neuroleptika – und das lebenslang. Weil die Kinder im Alter von 15 bis 30 Jahren manisch depressiv werden könnten. Eventuell.

Sagt ein Gen, dem die Pharmaindustrie glaubt. Es gibt nur sehr umstrittene Beweise, dass manisch-depressive Störungen tatsächlich genetisch bedingt sind, aber das stört die Vorsorge nicht. Die Kleinen lernen mit einer Krankheit zu leben, die sie noch nicht haben. Ihnen zittern jetzt vielleicht die Hände, sie haben Gedächtnislücken, sind dauermüde und leiden an Verstopfung, aber unsere Erwachsenenwelt ist friedlicher und weniger erziehungsintensiv geworden.

Warum also nicht ein paar kinderleichte Schritte weitergehen? Alle US-Säuglinge etwa könnten gleich nach der Geburt vorsorglich verstöpselt werden: Einwegtöpfchen aus hautverträglichem Biogummi (wahlweise in Pink oder Blau) werden direkt nach der Entbindung mit der lokalen Epidermis des Hinterausgangs der neuen Bürger verschweißt. Ein farblich passender Töpfchen-Ausfegsauger wird den Eltern ins Haus geliefert, gegen eine minimale Zuzahlung von 500 Dollar.

Dieser Babysauger läuft mit Ökostrom und wandelt all die antiquiert geruchsintensiven Säuglingsabsonderungen automatisch in Blumenerde um. Der Entscheißerungsprozess dauert nur zwei Minuten und verringert vorsorglich den CO2-Ausstoß der nordamerikanischen NeubürgerInnen: Mac Shit Baby Turbo Clean – das Ende der Windel-Ära ist da!

Sozialmedizinische Vorsorge könnte auch das Zeitalter der jugendlichen Gewalttäter in den USA beenden. Alle männlichen Kinder aus Familien, die nicht über die unterste Einkommensklasse von 10.000 Dollar per annum hinauskommen, werden im Alter von zwölf Jahren eingefroren. Nach erfolgreichem Verschlafen von Pubertät und Adoleszenz lässt man sie im Alter von 22 Jahren wieder auftauen. Für einfachste Arbeiten mit detaillierter Anleitung wird der neue Wachzustand dann vermutlich ausreichen.

Ein für alle Mal wird so auch das Problem der vorsorglichen Erschießung von Jugendlichen durch rassistisch motivierte Polizisten eliminiert. Damit endlich Friede im Kühlregal herrscht, werden allerdings die einkommensschwachen, männlichen Jugendlichen aller Ethnien eingefroren.

Über das rein vorsorgliche Einfrieren schießwütiger erwachsener, weißer Polizisten wird in den USA derzeit noch nicht nachgedacht.

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kari

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