Die Wahrheit: In Schluffischlappen

Das Schlurfen von Flip-Flops ist das Geräusch des Sommers. Nicht nur deshalb verdient die Minimalsandale unsere Aufmerksamkeit.

Illustration: Kriki

Die Öffentlichkeit blickt staunend auf libysche Freischärler, die jüngst in legeren Flip-Flops gegen den IS vorrückten. Oder sollte man besser sagen „vorschlappten“? Auch in anderen Weltgegenden gelten Flip-Flops als vernünftiges Schuhwerk. Indische Baustellen etwa dürfen aus Sicherheitsgründen gar nicht ohne betreten werden. Auch der Dalai Lama schlurfte bei seinem Besuch in Hamburg ganz unbefangen in Flip-Flops durchs Rathaus. Doch als der eigensinnige französische Stürmer Pogba in seinen Lieblingslatschen zum Mannschaftsfrühstück erschien, löste er bei EM-Gastgeber Frankreich die sogenannte Flip-Flop-Krise aus und musste zur Strafe in der ersten Halbzeit der Partie gegen Albanien in unbequemen Fußballschuhen auf der Reservebank sitzen.

Flapsig auf feuchten Fliesen

Die flippige Bezeichnung „Flip-Flops“ verdanken die beliebten Badelatschen dem Geräusch, das die schluffigen Schlappen beim Gehen machen. Ein flapsiges „Flip-Flap“ hätte auch gepasst, nur hätte das eine hastigere Fortbewegung auf feuchten Fliesen beschrieben als das etwas gemütlich lappende „Flip-Flop“.

In Jordanien heißen die Flip-Flops „Schahata“ (von Schleifen) und man hört dabei den Jordanier förmlich über den heißen, körnigen Sand schleifen. In Ägypten ist dagegen offensichtlich ein anderer, feinerer Sand anzutreffen. Deshalb klingen die Schahatas dort heller und heißen „Schipschips“.

Der erste bekannte Schipschip-Champion im ägyptischen Wüstensand war Pharao Tutanchamun, der offensichtlich eine Vorliebe für das leichte Schuhwerk hatte. So fand der überraschte Ausgräber und Stiefelträger Howard Carter in dessen Grab nicht weniger als 93 Sandalenteile. Die meisten aus Binsen und Papyrus, aber auch ein standesgemäßes Paar aus Leder, vergoldet und reich verziert.

Etwa 3.000 Jahre später feierte die Flip-Flop-Sandale ihre unerwartete Renaissance in Brasilien. Dort wurde die billige „Prollschlappe“ (SZ) „Hawaiana“ getauft und als Sicherheitsschuh an Arbeiter auf Plantagen verhökert. Seitdem ist der Siegeszug des Zehenwürgers nicht mehr aufzuhalten: Allein im letzten Jahr wurden weltweit schlappe 210 Millionen Paare Hawaianas verkauft.

Doch die weltweite „Flipflopisierung (SZ) ruft auch erbitterte Gegner auf den Plan. Böse Verunglimpfungen von Minimalsandalenträgern als „Schlappenschlampe“ oder „Schlappenschluffi“ sind gerade in unseren Breiten häufiger zu vernehmen.

Besonders beliebt wären Pantoletten-Weitwurf oder Eiskunstlauf im Badeschuh

Aber es gibt auch besonnenere Töne der Flip-Flop-Kritik. Die sachlichen Argumente der Schlappenkritiker fasst die Postille Huffington Post unter der Überschrift „5 Gründe keine Flip-Flops zu tragen“ prägnant zusammen: „Knöchelverstauchungen, Stolpergefahr, dauerhafte Fußverformungen wie Hammer- und Korallenzehen, krebserregende und giftige Materialien, Gelenkschäden und Fußpilz, Unfallgefahr und Weichmacher im Plastik.“ Gut beobachtet, aber schlecht gezählt: Das waren doch schon mindestens zehn Gründe!

Auch die um nationale Fußgesundheit besorgte Süddeutsche Zeitung warnt vor Schlurfschritten und Zehenverkrampfungen durch die fatalen Flip-Flops. Das Autofahren in den Plastepantoletten ist aber trotz Zehenkrampfgefahr und fatalen Abrutschrisikos übrigens nicht verboten.

Marathon in Rennschlappen

Es ist nämlich alles eine Frage der Übung: Das Volk der Tarahumaras in Mexiko legt sogar Ultra­marathonstrecken in Wüsten und an steilen Berghängen in selbst gemachten Sandalen zurück. Die heißen bei ihnen nicht Flip-Flops, sondern dramatisch „Huarachos“ . Die Rennschlappen sind jedoch wie die Flip-Flops einfache Zehenstegsandalen: eine dünne Sohle in Fußform mit drei Löchern, die mit Lederriemen nach Tarahumara-Art am Fuß befestigt werden. Fertig ist der Langstrecken-Flip-Flop – und ab geht die Post!

Diese schönen alten Tradi­tio­nen sollten mit einer internationalen Flipflopiade gewürdigt werden, bei der sämtliche Disziplinen der Olympischen Spiele in Flip Flops ausgetragen werden müssen. Dies würde endlich einmal Spitzenathleten aus den großen Flip-Flop-Nationen der südlichen Halbkugel begünstigen. Besonders beliebt beim Publikum wären sicherlich die Hürden- und Hindernisläufe, der Plastepantoletten-Weitwurf oder der Eiskunstlauf im Badeschuh.

Die verbindliche Grundregel dabei ist: Wer einen Schlappen verliert, hat verloren! Vielleicht erwartet den Freund des Sandalensports dann womöglich auch irgendwann die Mount-Everest-Erstbesteigung in Flip-Flops.

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