Die Wahrheit: Für eine Handvoll Chappi

Spannender Fall, irre Verdächtige, tolle Auflösung – den neuen „Tatort“ gibt es ausnahmsweise jetzt schon hier exklusiv in der Vorschau.

Das Tatort-Logo

Wer als Zuschauer ins Fadenkreuz des „Tatort“ gerät, ist für immer gefangen Foto: dpa

Däädää, däädää, däädää – Augen sehen dich durchdringend an – diidii, diidii, diidii – ein Fadenkreuz erscheint – dumm, dududumm, dudumm, duuduudumm – ein Mann flieht …

Bei einem Unfall an der Kreuzung Giesenheimer Landstraße/Kronengasse stößt ein Lieferwagen mit einem Hund zusammen, der ihm die Vorfahrt genommen hat. Der Blechschaden ist gering, aber der Hund ist der Kriminalpolizei bekannt: Bello II. ist der Nachfolger von Bello I. als treuer Begleiter des Unterweltkönigs Paolo Stöger und Paten der örtlichen Bafia, der bayerischen Mafia.

Drei Tage später wird der Lieferwagen in einem Waldstück gefunden. Er ist leer, aber auf dem Fahrersitz findet man den Abdruck eines Hinterns. Die Spusi ordnet ihn Sergej Sugow zu. Kommissar Stöber ahnt, dass ein Machtkampf zwischen der Bafia und der Rafia, einem Ableger der russischen Triaden, tobt. Das kann er gerade gut gebrauchen, weil Paula, seine minderjährige Tochter, bei ihm eingezogen ist, nachdem seine geschiedene Frau bei einem Autounfall an der Kreuzung Kronengasse/Altendüsterer Weg ums Leben gekommen ist, weil sie einer Katze ausweichen wollte. Das ist vier oder fünf Tage her, vielleicht auch sechs, und Kommissar Stöber wollte es längst vergessen haben, doch Paula ist noch immer nicht darüber hinweg. Deshalb stürzt sich der Kommissar in die Arbeit und ist kaum zu Hause.

Die Katze war auf der Flucht vor Bello II. gewesen, wie sich nun bei einer Vernehmung des Hundes in der Tierklinik herausstellt. Obwohl er lange leugnet, muss er schließlich zugeben, dass er als Auftragskiller unterwegs war: Für einen Napf Chappi sollte er die Katze aus dem Weg räumen.

Kater als Informant

Mit einem Foto der Katze, die ihm irgendwie bekannt vorkommt, macht sich Kommissar Stöber auf den Weg. Ein alter Kater, der seit Jahren als Informant tätig ist, gibt ihm einen wertvollen Hinweis: Die Katze heißt Minka, ist vier Jahre alt und drogenabhängig. Ihre Droge: frisch gebratene Hähnchenschenkel. Etwas anderes frisst sie nicht. Woher er das weiß? Weil Minka ihm von den Hähnchenschenkeln nie was abgibt, obwohl sie seine Tochter ist!

Bei dem Wort „Tochter“ klingelt etwas bei dem Kommissar, doch was, hat er vergessen

Bei dem Wort „Tochter“ klingelt etwas bei dem Kommissar, doch was, hat er vergessen. Er geht nun mal in seinem Beruf auf, ist schon seit Stunden nicht mehr zu Hause gewesen. Stattdessen begleitet er den Kater in sein neues Domizil – und erstarrt, während das Tier durch die Katzenklappe schlüpft: Auf dem Klingelschild steht der Name Sugow! Von drinnen ertönt herzzerreißendes Maunzen. Stöber bricht die Tür auf – und erstarrt schon wieder: Eine Frau liegt zerstückelt auf dem Küchenboden.

Das Gehirn des Kommissars arbeitet schnell und professionell: ein Unfall? Oder Selbstmord? Das Motiv: die Berge schmutziges Geschirr auf der Spüle? Ein Bierglas fällt dem Kommissar auf, auf dem er einen Abdruck bemerkt. Diese Unterlippe kennt er doch! Es ist die Unterlippe von Ede „Die Unterlippe“ Schnögel!

Schon auf der Schule für praktisch Bildbare war ihm Ede aufgefallen, denn nie ließ er den Kommissar abschreiben. Selbst auf dem Pausenhof waren sie unzertrennlich, weil Ede ihn immer in den Schwitzkasten nahm. Später hatten sich ihre Wege getrennt, nachdem sich Ede bei einem Bankeinbruch hatte erwischen lassen. Der Kommissar war erleichtert, weil es irgendwann aufgefallen wäre, dass seine Ermittlungen stets im Sande verliefen.

Friedensvertrag mit Leiche

Ein Schlüssel dreht sich im Schloss, Stöber springt in den Küchenschrank Modell Gelsenkirchener Barock. Drei Personen treten ein und über die Leiche und unterhalten sich. Es sind Paolo Stöger, Sergej Sugow und Ede „Die Unterlippe“ Schnögel! Sie wollen einen Friedensvertrag schließen, sobald Ede zum Ausgleich auch Stögers Frau zerstückelt hat, was der mit großem Indianerehrenwort schwört. Sie bereden, welche Bezirke die Bafia, die Rafia und die örtliche Finanzwirtschaft kriegen und welchen Lohn die Tochter von Kommissar Stöber für ihre Informationen erhalten soll, obwohl sie sich schon seit Stunden nicht gemeldet hat. Am besten, man ruft sie mal an!

Schon klingelt Stöbers Handy. Er hat das falsche mitgenommen! „Du bist hier?“, fragt Stöger erstaunt und öffnet die Schranktür, wo ihn ein Tritt ins Gesicht empfängt. Sugow nimmt das Nudelholz neben der Toten, das wir zu erwähnen vergaßen, und schlägt Stöger k.o. Nein, Stöber natürlich! Der bricht bewusstlos zusammen und wacht erst wieder auf, als ihm ein Hund das Gesicht leckt. Stöger will seine Waffe ziehen und den Köter erledigen, als er eine Mädchenstimme hört: „Aber Papa! Das ist doch Bello II.! Der ist jetzt mein Hund!“

Alles klärt sich. Stöbers Tochter hat in Wahrheit für die Polizei gearbeitet, um ihrem Daddy zu imponieren und den Hund zu kriegen. Anhand ihres Handys folgte eine Hundertschaft unauffällig dem Kommissar. Die Bösewichte werden endlich abgeführt, Vater und Tochter umarmen sich, und die örtliche Finanzwelt kann ihre Geschäfte auch ohne die drei Vollidioten führen.

Nur Minka hat jetzt niemanden, der ihr ein paar Hähnchenschenkel brät.

Schrüü, schrüü, schrüü, schrüü – weißes Fadenkreuz auf blauem Grund – dumm, dududumm, dudumm, duuduudumm – Ton, Tonmischung, Kameraassistenz – dumm, dududumm, dudumm, duuduudumm, tä, tä, tä, tätä

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kari

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