Die Wahrheit: Bavaria Blue auf großer Mission

Der Freistaat Bayern stößt jetzt mit einer echten Weltraumstation in Käseschachtelform zu unerhörten Galaxien vor.

Blauschimmelkäse im Sternenstaub

Frei schwebt das freistaatliche Raumfahrtprogramm Bavaria Blue in den Weiten des Orbits Foto: taz-Montage

Es war ein schöner Ausflug nach Ottobrunn bei München. Erzieherin Bärbel Siebling ist sich sicher: „Davon werden die Kinder noch lange erzählen.“ Der kleine Wiggerl strahlt bis über beide Ohren, als er die Bayerische Weltraumzentrale verlässt. Stolz zeigt der Fünfjährige die Tüte, die alle Kinder an diesem Tag geschenkt bekommen haben. Das Sammelheft, in das man Bilder aller bayerischen Astronauten einkleben kann, hat er zwar schon, aber das stört ihn an diesem Tag nicht. Vor allem das Modell der Raumstation, die den Freistaat im Weltall repräsentiert, hat es ihm angetan.

Gleich zu Hause will er sie zusammenkleben. Er sagt auch sofort, was er am tollsten daran findet: „Sie sieht aus wie eine Käseschachtel.“ Spricht’s und steigt mit seinen Freundinnen und Freunden aus dem Kindergarten „Fortschritt weiß-blau“ in das Gruppenflugtaxi, das Bärbel Siebling für diesen besonderen Tag geordert hat.

Wie eine Käseschachtel. Der kleine Wiggerl hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Als sich kurz nach dem Regierungsantritt von Markus Söder die hellsten Köpfe Bayerns zusammengesetzt hatten, um ein Raumfahrtprogramm auf den Weg zu bringen, da ging es vor allem darum, wie man dem Projekt einen landestypischen Anstrich geben könnte. Ideen gab es viele. Doch nicht alle ließen sich realisieren. Eine kreuzförmige Umlaufbahn um die Erde, wie sie von Vertretern der Regierungspartei ins Spiel gebracht worden war, sei nur sehr schwer umzusetzen, meinte damals Ignaz Berndanninger, Leiter des Instituts für Bayerische Luft- und Raumfahrttechnik an der Katholischen Hochschule für Schöpfungsforschung am Kloster Andechs unweit der Landeshauptstadt München.

Schnell fokussierten sich die Bemühungen um das bayerische Erscheinungsbild des freistaatlichen Raumfahrtprogramms auf die Ausgestaltung der Forschungsstation, die die Bayern in den Orbit schicken wollten. Eine rustikale Zirbelstube mit Eckbank und frei schwebendem Kruzifix , wie sie es in der Staatskanzlei gibt, galt als unumstritten. Damit waren die Altbayern zu ihrem Recht gekommen.

Mit dem Bocksbeutel ins Orbit

Die Franken wollten die Raumstation in Form eines Bocksbeutels bauen lassen, was die Altbayern unbedingt verhindern wollten, solange mit den Franken vor Gericht nicht letztinstanzlich geklärt war, ob Frankenwein neben Bier zum zweiten Nationalgetränk erklärt wird. Nun wird die Astronautennahrung in Kunststoffbehältern in Bocksbeutelform gefüllt – ein Kompromiss, mit dem alle bayerischen Stämme leben können.

Um die Schwaben nicht wieder zu vergessen, ist dann Uraltparteichef Theo Waigel, selbst Angehöriger dieses Stammes, auf die Idee gekommen, die Allgäuer Käseindustrie in den Prozess miteinzubeziehen. „Wir im Allgäu sind traditionell der Meinung, dass sich eigentlich alles in eine Käseschachtel verpacken lässt“, meinte Bartholomäus Unterreitmayr, der Botschafter der Allgäuer Milchwirtschaft bei den Vereinten Nationen, seinerzeit. „Warum nicht eine Raumstation“, so Unterreitmayr weiter.

Die Franken unter den Bayern wollten die Raumstation in Form eines Bocksbeutels bauen lassen

Und so ist es gekommen, dass Bayerns klügste Köpfe das Verhalten von Bierschaum in der Schwerelosigkeit in einem Weltraumlabor erforschen, das nicht nur aussieht wie ein bayerischer Käse, sondern auch noch den Schriftzug einer der bekanntesten Käsesorten Bayerns trägt. „Im Werben um Drittmittel, muss man einverstanden sein, von eingetretenen Pfaden abzuweichen“, meinte jetzt dazu Ministerpräsident Söder, der schnell bereit war, den Namen seines Raumfahrtprogramms von „Bavaria One“ in „Bavaria Blue“ zu ändern.

Literatur im All

Nun werden aber in der Käseschachtel nicht nur naturwissenschaftliche Phänomene erforscht. So arbeitet auch der bayerische Staatsschriftsteller Toni Wolfsteiner derzeit in der Raumstation. Er will die Eindrücke beim Blick aus dem All auf Bayern in sein neues Werk einfließen lassen. Die ersten Verse stehen und auch einen Arbeitstitel hat Wolfsteiner für sein Auftragsepos bereits: „Die Leberkässemmel im Fahrstuhl zur Ewigkeit“.

All das haben die Kinder bei ihrem Ausflug ins Raumfahrtzentrum Ottobrunn erfahren. Und als Wolfsteiner auf die große Videoleinwand geschaltet wird, um die Kinder vom All aus mit einem herzlichen „Servus beinand, und rüber!“ zu begrüßen, da läuft so manchem Kind eine Träne über die Backe. Bevor es dann zurückgeht, hat es für alle noch eine Portion Blauschimmelkäse. „Was kann es denn Schöneres geben für Kinder?“, meint Erzieherin Bärbel Siebling.

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