Die Wahrheit: Harald Töpfer, die Zauberknalltüte

Immer wieder mischt sich die Harry-Potter-Erfinderin J.K. Rowling per Twitter in Dinge ein, von denen sie nicht die Zauberbohne versteht.

Was hat die Harry-Potter-Erfinderin J. K. Rowling mit Girfec zu tun? Bisher noch nichts, und das ist gut so. Girfec steht für „getting it right for each child“, ein Programm der schottischen Regierung zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen. Dafür soll jedem Kind ein bestimmter Ansprechpartner zugewiesen werden, eine Art staatlicher Vormund.

Kritiker monieren, dass dies einer Entmündigung der Eltern gleichkäme. Um die Gegner der Initiative zum Verstummen zu bringen, schlug jemand vor, Rowling ins Boot zu holen. Welch törichte Idee. Rowling ist Spezialistin darin, sich die von ihr geschaffene Fantasiewelt im Nachhinein so zurechtzubiegen, wie sie ihr gefällt. Dann könnten sich Kinder mit ihren Sorgen und Nöten genauso gut an Pippi Langstrumpf wenden.

Vor zwanzig Jahren ist der erste Band der Reihe, „Harry Potter und der Stein der Weisen“, auf Deutsch erschienen. Hätte man auch den Namen des Knaben eingedeutscht, wären vermutlich nicht viele Bücher und Werbeartikel verkauft worden. Wer wollte schon in einem Harald-Töpfer-Pullover herumlaufen. Inzwischen verstauben die Bücher mit ihren albernen Wörtern wie „Quidditch“ oder „Hufflepuff“ in den Regalen. Aber Rowling versucht mit ihrem Revisionismus, Potter zu modernisieren.

So twittert sie, Lupins Werwolf-Syndrom sei eine Metapher für Aids, Schulleiter Dumbledore sei schon immer schwul gewesen und Hermione sei in Wirklichkeit schwarz. In den Büchern gibt es freilich keinen Hinweis auf all diese Dinge. Rowling sollte die Finger von Twitter lassen, das kann nur schiefgehen. Sie stimmte zum Beispiel jemandem freudig zu, der Transfrauen als „Männer in Kleidern“ bezeichnet und erklärt hatte, dass sie kein Recht hätten, den Platz von Frauen einzunehmen.

„Ich fürchte, Rowling hatte in ihren mittleren Jahren einen tolpatschigen Augenblick“, versuchte ihre Agentin Rebecca Salt den Schaden zu begrenzen. Sie habe ja nicht das erste Mal auf einen falschen Knopf gedrückt, weil sie ihr Telefon falsch herum gehalten habe, fügte sie hinzu. Dabei hat sie bisher schon rund 20.000 Tweets mit „Gefällt mir“ markiert.

Warum zählt Rowling nicht einfach ihr Geld und lässt Potter in Vergessenheit geraten? Dieses Horrorkind sei eine „wundertätige Knalltüte mit der Persönlichkeit einer Geschirrspülmaschine“, schrieb ein Kritiker. Aber selbst der Schurke Voldemort ist besessen von ihm. Kann man einen Bösewicht ernst nehmen, dessen Erzfeind ein schmächtiger Zwölfjähriger ist?

Privilegierte Bälger gibt es genug, da braucht es nicht noch jemanden, der glaubt, auserwählt zu sein, weil er den Klauen seiner englischen Arbeiterfamilie entkommen ist. Würde man einen solch unsympathischen Jungen ins Haus lassen, um mit seinen Kindern zu spielen? Natürlich nicht. Und auch die Potter-Bücher müssen draußen in der Mülltonne bleiben.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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