Die Wahrheit: Lübcke und die Schredder-Freunde

Der Mord am Kassler Regierungspräsidenten durch einen Rechtsextremisten führt auch direkt ins etwas degenerierte Hirnstübchen von Hans-Georg Maaßen.

Der Mörder des nordhessischen Regierungspräsidenten scheint ein Schläfer gewesen zu sein. Nun schweigt er wieder, wie man liest. Hat sich also wohl erneut hingelegt.

Ein früher sehr aktiver Rechtsradikaler soll das sein, der sich sehr unauffällig und bürgerlich eingerichtet hat. Haus, Frau und zwei Kinder. Ehrenamtlich im Schützenverein tätig. Ein Satz, der von einem Kabarettisten stammen könnte. Natürlich nur Bogensport! Zu den Schusswaffen hatte der gar keinen Zugang!

Während der Täter festgenommen wird, warnt der ehemalige Bundespastor Joachim Gauck davor, die AfD kategorisch zum Feind zu erklären. Und der einstige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen will eine Zusammenarbeit seiner CDU mit der AfD nicht ausschließen. Die Schadenfreude im Netz über den Mord, auch aus AfD-Kreisen, müssen beide überlesen haben.

Einen „Tatort“ mit dieser Ausgangslage würde man sehr loben. Das alles ruft, wir sind in Kassel, nach Ulrich Tukur aus dem Hessen-„Tatort“. Als Ermittler Felix Murot hat er seinem Gehirntumor einen Namen gegeben und spricht mit ihm. Er nennt das Gewächs Lil­ly, und mit der könnte er jetzt fabelhaft diskutieren. Während der fernseherfahrene Zuschauer im Mordfall Lübcke auf das Auftauchen der drei obligatorischen Krimi-Frauen wartet: die Dienstbare, die Geheimnisvolle und die Böse. Wo steckt eigentlich Beate Zschäpe?

Auf allen Kanälen wird nun die regionale Linke befragt nach ihren Erkenntnissen aus dem hessischen NSU-Untersuchungsausschuss. Und siehe da: Man kannte den verhafteten Herrn. Aber wen die Linke ernst nimmt, der ist natürlich nicht weiter ernst zu nehmen. Die Akten zur Ermittlung vor allem rund um den Mord an Halit Yozgat in Kassel durch den NSU haben eine 120 Jahre dauernde Sperrfrist. Von der erfuhr die Öffentlichkeit nur, weil die Linken einen kleinen Aktenvermerk fanden.

Die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes stehen zurzeit wohl wieder an den Schreddern. Manchmal muss man aber gar nicht schreddern, da reicht schon liegen lassen, siehe oben! Ich wüsste übrigens gern, was Maaßen weiß oder was er mindestens nicht wahrhaben will. Wes Geistes Kind dieser Mann ist, zeigt sich immer mehr, und noch haben wir nicht komplett hinter diesen doch zeitweise etwas degenerierten Frontal­lappen schauen können.

Es ist aber auch ein Durcheinander, dem sich der gemeine Verfassungsschützer gegenübersieht. Da würde ich in meiner Dienstzeit auch lieber Feine Sahne Fischfilet hören und deren Songtexte mitschreiben, als dieses Durcheinander aufdröseln von Pegida, AfD, Combat 18, NSU und wie sie alle heißen. Es ist wie beim Panini-Sammel-Album. Viele sind doppelt, manche kommen sogar dreifach vor. Das macht einfach keinen Spaß, jedenfalls nicht ohne Tauschbörse. Da ist mancher Verfassungsschützer sicher glücklich über die Zeit am Schredder.

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Der Kabarettist und Autor Bernd Gieseking steht seit über zwanzig Jahren auf der Bühne. Er schreibt Kolumnen für die »Wahrheit«-Seite der »taz«, Kinderhörspiele für den WDR Hörfunk sowie Bücher – und die am liebsten über Finnland: »Finne Dich Selbst!« und »Das kuriose Finnland-Buch«, alle erschienen im Fischer Verlag. Wenn er nicht schreibt, dann tourt er mit seinen Kabarettprogrammen »Gefühlte Dreißig«, »Finne Dich Selbst!« sowie - jeweils in den Wintermonaten - mit seinem alljährlichen satirischen Jahresrückblick »Ab dafür!« durch die Republik.

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kari

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