Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Gauck hält Speisekarten hoch, Zschäpe macht auf armes Ding und für das abendliche Stuhlkreisinferno kann der SWR nichts.

Uli Hoeneß steht an einem geöffneten Fenster und guckt nach draußen

Kommt am 29. Februar aus der Haft frei: Uli Hoeneß kann froh sein, dass 2016 ein Schaltjahr ist Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: AfD wird laut Emnid fast ausschließlich von christlichen, biodeutschen Männern gewählt.

Was wird besser in dieser?

Solange sie das nicht im Kölner Hauptbahnhof tun, geht es durch.

Bei seiner Eröffnungsrede zum Weltwirtschaftsforum in Davos kritisierte Joachim Gauck die fehlende Solidarität der Oststaaten mit Geflüchteten. Hat ihm jemand zugehört?

Bei der Rede könnte Kanzlerin Merkel die fehlende Solidarität von Bundespräsident Gauck kritisieren. Während sie den Obergrenzenpogo durchrempelt mit CSU, AfD, Teilen von CDU, SPD und noch viel größeren Teilen der Medien – dekretiert da der Bundesjockel “Begrenzung ist nicht per se unethisch“, sie könne „moralisch und politisch sogar geboten sein“. Als lose Kanone vom Dienst feuert er auch noch ein paar Salven gegen unkooperative EU-Nachbarn und taumelt zu dem finalen Furiosum, das müsse mal gesagt werden, bevor es jemand anderes sagt, der nicht so demokratisch gucken könne wie er. Seit seiner Ein-Mann-Kriegserklärung gegen Russland hält Gauck nur noch Speisekarten hoch, auf der sich jeder was Leckeres aussuchen kann.

Im NSU-Prozess hat Beate Zschäpe Fragen des Gerichts schriftlich beantworten und verlesen lassen. Demnach trank sie gern Sekt, während die beiden Uwes um die Häuser zogen und mordeten. Und – sie nannte auch Namen mehrerer Unterstützer der Terrorzelle. Was wird ihr das nutzen?

Wirkt alles, als hätten ihre neuen Anwälte erst mal ein sehr geiles Schlussplädoyer geschrieben und versuchten nun, den Prozess so hinzubiegen, dass das Plädoyer hinterher auch passt: Aussagebereitschaft, wertvolle Hinweise, Wahrheitsfindung unterstützt, ganz armes Ding. Wenn sogar ich das schon erkennen kann, ist mir um den Vorsitzenden Richter nicht bange.

Hoeness’ Chance: VW rausschmeißen und Bayern München positionieren als ehrlichen Club, wo noch traditionsbewusste Kleinkriminelle den Konzernen die Stirn bieten

Angela Merkel begrüßte am Freitag den türkischen Premier Ahmet Davutoğlu. Sie will, dass Flüchtlinge außerhalb der EU-Grenzen bleiben. Er will: Geld, Visa-Erleichterungen und Anerkennung. Wer profitiert mehr von dieser Liaison?

Relevant ist die Liste derer, die drunter leiden.

Der SWR steht unter Druck, weil er FDP, Linke und AfD von der TV-Runde zur Landtagswahl ausgeladen hat. CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner will jetzt auch nicht mehr kommen. Peinliche Medienposse oder gefährlicher Eingriff in die Pressefreiheit?

Das SWR-Duell Dreyer/Klöckner findet unbeschadet des Radaus statt. Der Sender wollte seinen Zuschauern zusätzlich mehr bieten und lobte eine „Elefantenrunde“ aus, und so sieht der Porzellanladen jetzt auch aus. Man kann die Idee halbtoll finden, in so einer Runde eine schmerzhafte Gesäßverkalkung wie die FDP sitzen zu haben. Es ist ebenso heikel, nach fiebrigen Umfragen die AfD zu besetzen. Nur: Alle diese Hardcoredemokraten tummeln sich im allabendlichen Stuhlkreisinferno ganz unkritisiert. Der redliche Versuch des SWR, etwas mehr zu bieten, wurde ein Raub der Wahlkampfzentralen. Hat irgendjemand nach den Wahlsondersendungen von SAT.1, Pro7 und RTL gefragt? Die gibt es nicht.

Ulli Hoeneß wird am 29. Februar aus der Haft entlassen, knapp zwei Jahre eher als geplant. Kommt er jetzt in die Bundesliga zurück?

Da kann er froh sein, dass es dieses Jahr einen 29. Februar gibt. Wäre sonst ein sicherer Kleinkunstpreis für das Landgericht Augsburg geworden. Ja nun – 28,5 Millionen Euro Diebstahl durch 637 Tage Haft macht einen Tag Haft je 44.000 Euro. Das fänden Bankräuber glimpflich. Ob derweil bei Bayern München viel lief ohne Abstimmung mit dem Häftling, steht dahin. Szenario: Hoeness kommt zurück in eine „VW-Liga“. Der Konzern besitzt den VfL Wolfsburg, hält Anteile an Bayern München und Ingolstadt und nimmt als Großsponsor Einfluss auf die Hälfte aller Erst- und Zweitligavereine. Hoeneß’ Chance: VW rausschmeißen und Bayern München positionieren als ehrlichen Club, wo noch traditionsbewusste Kleinkriminelle den Konzernen die Stirn bieten. Das wird grausam, wenn man aus politischen Gründen für Bayern sein muss. Na ja, aber er hat ja schon gesessen.

Die Deutsche Bank hat im vergangenen Jahr einen Rekordverlust eingefahren – 6,7 Milliarden Miese. Haben Sie da nicht doch Mitleid ?

Man argwöhnt, Geldtransporter der Deutschen Bank rollen demnächst aus, um alternde Terroristen zu überfallen.

Und was machen die Borussen ?

Köln verliert zu Hause gegen Kevin Großkreutz und seinen neuen Verein Stuttgart. Plädiere für die Umbenennung des VfB Stuttgart in „BVB classic“ und des BVB in „Borussia alkoholfrei“.

Fragen: VI, ROM

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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