Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Wissenschaftsflüchtling Andreas Scheuer, dicke Überraschung Sigmar Gabriel und Edward Snowden zum Frühstück.

Ein Mann mit dunklen, zurückgegelten Haaren und Brille

Andreas Scheuer – ein Wisschenschaftsflüchtling? Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Merkel schafft den Satz mit schaffen nicht mehr.

Und was wird besser in dieser?

Bis zur Wahl Spannung: Schafft der Satz sie?

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer findet unter Flüchtlingen den „fußballspielenden, ministrierenden Senegalesen“ am schlimmsten. Den kriege man nie wieder los. Welchen Typ CSUler finden sie am schlimmsten?

Scheuer nutzte lange einen „PhDr“-Titel, den er in Prag mit einer zum Teil plagiierten Arbeit erworben hatte. Undoktor Andi ist also ein Wissenschaftsflüchtling, was man seiner Redeweise anmerkt. So gelingt es ihm, in einem Satz „deutsche Leitkultur“ zu fordern – und genau dies: Fußball, Katholizismus, Wohnsitz im nächsten Satz „am schlimmsten“ zu finden. Mit nur 35 Jahren hatte der Gelegenheitsdenker sich bereits zum Parlamentarischen Staatssekretär durch-ge-wet-gelt und fand seine Chefin Merkel spitzentoll, solange er Karriere und sie Wahlerfolge machte. Damit steht er prototypisch für jene CSUler, die bei Wetterwechsel die unkleidsame Meinung bei Ebay anbieten („gebrauchter AfD-Bullshit günstig abzugeben“). Kurz: Scheuer ist Teil des CSU-Problems, keine überzeugenden Rechtspopulisten zu haben.

Die Mehrheit der SPD-Basis stellt sich auf dem Parteikonvent hinter Ceta, das Freihandelsabkommen mit Kanada, und damit hinter Sigmar Gabriel. Ist er damit als Kanzlerkandidat gesetzt?

Jedenfalls hat Merkel blitzschnell Kotau gen München gemacht, um gegebenenfalls einer schwungvollen SPD-Nominierung ihre eigene Kandidatur entgegenstellen zu können. Bei Gabriel dagegen ist die Frage nicht mehr, ob er es könnte, sondern, warum man ihn sollte. Die Erpressung, mit der er Ceta durchwürgte, ließ Fragen ungeklärt: Es enthält „Schiedsgerichte mit nichtstaatlichen Richtern“, vor denen Investoren Staaten auf Schadenersatz verklagen können. Sollte Siemens seinen Atomschrott nach Kanada verkaufen und von dort aus gegen den deutschen Ausstieg klagen? Können Parlamente in Kanada oder Deutschland Privatisierungen noch rückgängig machen, oder sind sie nun entmachtet? So bleibt offen, ob Ceta nicht das Gleiche ist wie Gabriel: eine dicke Überraschung.

Apropos: Gabriels Ministererlaubnis ist gerichtlich gestoppt, die Übernahme durch Edeka nahezu unmöglich: Kaiser’s Tengelmann wird wohl bald zerschlagen, viele Angestellte werden arbeitslos. Gibt es am Ende nur Verlierer?

Unter SPD-Kanzler Schröder erteilte Gabriels Vorgänger Werner Müller eine Ministererlaubnis, damit sein früherer Arbeitgeber die Ruhrgas übernehmen konnte. Zur Strafe musste Müller hinterher Ruhrkohle-Chef werden. Heißt: Wenn das Ding doch noch durchgeht, hat Gabriel danach einen Job sicher („Du, Herr Gabriel, was kosten die Damenbinden“ – „Egal, sammeln Sie Punkte?“) Immerhin hat der SPD-Chef dem Verdi-Boss demonstriert, dass die Sozialdemokratie notfalls in die Illegalität geht, bevor die Gewerkschaft noch mal die Partei wechselt.

NGOs und Journalisten fordern Barack Obama auf, Edward Snowden Amnestie zu gewähren. Seine letzte gute Tat als US-Präsident?

Und dann gewinnt Trump die Wahl und ordert „Snowden gut durch“ zum Frühstück. Snowden käme in die prekäre Lage, sagen zu müssen: „Da fühle ich mich ja unter Putin sicherer.“ Wobei . . . das sagt er jetzt schon. Hm. Doch wir kämen dann in die prekäre Lage, ihm recht geben zu müssen.

Die AfD-Fraktion in Berlin zieht ohne ihr umstrittenes Mitglied Kay Nerstheimer ins Abgeordnetenhaus ein. Nerstheimer war unter anderem Mitglied der rechtsextremen German Defence League. Ist nicht das erste Mal, dass der Partei nach einer Wahl auffällt, dass sie Rechtsextreme in den eigenen Reihen hat. Ist das Masche?

Müssen ja ganz schön deutsch sein mit dem englischen Namen. Naja, Rudolf Hess hatte da ja auch so Hoffnungen. Pangermanen und so. Nee, die Wahlergebnisse der AfD sind höher, die Listen ziehen weiter, als die Partei überhaupt Personal hat. Das führt zu den genreüblichen Fäulnisprozessen von Fraktionen, so war’s bei „Republikanern“ wie auch „Piraten“. Doch anders als bei den Piraten wird nach Abzug der Irrenpönale immer noch genug Wahlergebnis für ein Weitermachen übrig sein. Klüger, wir schießen uns nicht auf die AfD-Irren bei 15 Prozent ein. Sondern widerlegen jene, die bei 6 Prozent noch im Parlament sitzen werden.

Und was machen die Borussen?

Was heißt eigentlich „euer Angstgegner“ auf Spanisch? Man möchte sich Gästen ja höflich vorstellen. Hm.

FRAGEN: AFRO, JÜK

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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