Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Halbgare Laumänner, Ablass-Flaschen-Handel und ein Abschiedsgruß an die Briten. Außerdem: Wer nicht mal mehr Statist in der Statistik sein darf.

Eine Frau in mit kurzen Haaren sitzt auf einem blauen Stuhl und guckt auf ihr Handy

Umweltministerin Barbara „Schmeiß-weniger-weg-durch-Mehrweg“ Hendricks Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Rechtspartei im Abwind.

Und was wird besser in dieser?

Der AfD kann nur noch Terror helfen.

Erst müssen wir eine Stunde früher aufstehen und jetzt das: Seit Mittwoch gilt der neue Fernsehstandard DVB-T2 HD und die privaten Sender haben mit dieser Umstellung eine Bezahlschranke gleich mit eingeführt. Wird das Programm jetzt besser?

Der Käfig für Elektroschrott auf dem Recycling-Hof wird so dicke Backen machen wie sonst nur Medien-Moppel „Tech-Nick“. Viele taugliche TV-Geräte werden verschrottet, allerhand Antennen, Decoder oder Geräte mit eingebautem Empfangsteil neu gekauft. Nutzer werden also mehr anlegen müssen als die reine Abogebühr von 69 Euro pro Jahr. Dafür gibt es mittelfristig mehr Programme und diese in „High Definition“–Qualität: „HD“. Alle anderen terrestrischen, also antennengebundenen Sendewege werden abgeschaltet. Man kann dann übers Kabel schauen, über Satelliten, übers Internet oder eben über Antenne und Decoder. Da alle Verbreitungswege Geld kosten, gibt es keine kostenlose Grundversorgung mehr. Privatsender könnten fordern, die Kohle aus der Haushaltsgebühr zu holen, allerdings wären sie dann selbst für die unbeliebte Abgabe mitverantwortlich. Und wenn ich noch lange an dem Gedanken rumfabuliere, komme ich im WDR nicht mehr am Pförtner vorbei.

Die Zahl der Arbeitslosen ist im März 2017 so niedrig wie zuletzt im März 1991. Schlechte Aussichten für Rufer nach mehr Gerechtigkeit, oder?

Kranke, 1-Euro-Jobber, über 58 Jahre alte Langzeitarbeitslose und sehr viele andere „Unterbeschäftigte“ würden den Ruf schon hören – sie sind nämlich so arbeitslos, dass sie nicht mal mehr in der offiziellen Statistik Statisten sein dürfen. Die Bundesanstalt hat dafür so schwungvolle Begriffe wie „Arbeitslosigkeit im weiteren Sinne“ und „Unterbeschäftigung im engeren Sinne“ geprägt. Vor zwei Jahren bezifferte sie die Zahl der Arbeitslosen außerhalb der Arbeitslosenstatistik auf 850.000 Menschen.

Die neue US-Regierung konzentriere sich nicht länger darauf, „Assad loszuwerden“, sagt die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley. Ist das ein Freibrief für alle Schlächter dieser Welt?

Assad ist der Garant russischer Militärpräsenz in Syrien – der einzige russische Zugang zum Mittelmeer. Wenn Trump Eier hätte, würde er einfach dies den Russen garantieren, dann könnte Assad weg. Immer wählen die Amis so halbgare Laumänner!

Der Bundestag hat ein neues Verpackungsgesetz verabschiedet, das Recycling fördern soll. Wissen Sie immer, welche Flaschen Sie wo zurückgeben können?

Im Lutherjahr brilliert der Ablasshandel: Durch sorgfältige Mülltrennung erwirbt man ein gutes Gewissen; anschließend geht der Ramsch einerlei in die Verbrennung und stinkt den Himmel voll. Hier wollte Umweltministerin Barbara Hendricks ein Schmeiß-weniger-weg-durch-Mehrweg. Und landet bei einem Sammelsurium von Einzelregelungen, gegen die Luthers 95 Thesen ein sehr übersichtlicher Text sind. Machen Sie einfach mal ein Stündchen Pause am Getränkeregal und meditieren Sie, ob die Apfelschorle (Pfand!) nicht doch „Frucht- und Gemüsenektar mit Kohlensäure“ sein könnte (kein Pfand!). Ohne Recyclingpflicht und gesetzliche Quote bleibt’s ein großer Wurf in die Tonne.

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) schätzt, dass bis zu 83 Prozent aller Haushaltshilfen in Deutschland schwarz arbeiten. Skandal oder normal?

Egal. Die Minijob-Zentrale der Bundesagentur für Arbeit rockt das Thema auf einer kargen Formular-Seite online durch und dann arbeiten Frau Halina und Herr Wojczech legal, sozialversichert und steuerlich begünstigt. Noch simpler wirkt das französische Modell der Dienstleistungsschecks, doch danach ruft das „arbeitgebernahe Wirtschaftsinstitut“ nicht. Hier geht es eher gegen Abgaben und Regulierungen, also die alte Litanei, dass Arbeit viel günstiger wäre, wenn sie nichts kosten würde. Damit outen sich die Bosse als Gegner legaler Minijobs.

Der Brexit ist beschlossene Sache. Ihr Abschiedsgruß an die Briten?

You always meet twice.

Und was machen die Borussen?

„Pierre-Emerick Aubameyang setzt eine lustige Maske auf nach seinem Führungstor“ vs. „Pierre-Emerick Aubameyang vollstreckt einen Werbedeal mit Maskenausstatter Nike und kassiert bewusst eine gelbe Karte“. Die hätten auch ohne Schalke unentschieden gespielt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.