Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Bei Dobrindt regen sich konservative Gefühle. Bei Storch regt sich zeitweise kein Tweet. Und im Willy-Brandt-Haus warnt man vor Pfeffer.

Dobrindt steht vor mehreren Mikrofonen

Hat Gefühle: Verkehrtminister Alexander Dobrindt Foto: reuters

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Martin Schulz: „Wir ziehen keine roten Linien.“

Und was wird besser in dieser?

Drogenbeauftragter des Willy-Brandt-Hauses rät von Pfeffer statt Koks ab.

In Berlin haben die Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD begonnen. Haben wir bis Ostern eine neue Regierung?

Und hält sie ein gutes Jahr bis zur Europawahl? Oder rettet die SPD-Basis ihre Spitze in der Mitgliederbefragung schon vorher? Es wird die letzte Groko, im Grunde ist sie bereits eine MediumKo mit nur 53 % der Stimmen.

Der ehemalige Powerminister und heutige CSU-Landesgruppenchef Alexander Do­brindt schrieb einen Gastbeitrag in der Welt und forderte darin eine „konservative Revolution der Bürger“. Muss die „Minderheit der 68er“ nun den revolutionären Zorn der „bürgerlichen Mehrheit“ fürchten?

„Viele Bürger haben das Gefühl, dass sie mit ihren Positionen … Meinungen … ihrem Alltag nicht mehr stattfinden.“ Da braucht es schon einen Verkehrtminister, der nicht mehr über den TÜV gekommen ist, um aus diesem Holzweg eine Autobahn zu machen. „Das Gefühl“ ist politischer Tumormarker für Entfaktung. Und richtig überholt Dobrindt die Realität rechts und fasst zusammen: Burka, Hausbesetzer, Einbrecherbanden, Islam, 68er, Zwangsheirat. Dies danke sich der „linken Meinungsvorherrschaft“ – und zwei Sätze später gibt es „keine linke Republik und keine linke Mehrheit in Deutschland“.

Da kann man von Glück sprechen, dass der rhetorische Fahrschüler Dobrindt den Text an alle erreichbaren Bäume rammt. „Viele fühlen sich ungerecht behandelt und ich schlage denen ein paar Schuldige und Opfer vor“, hätte es auch getan. Dobrindts Beitrag zeigt an, dass über Gerechtigkeit zu reden ist und dass man es nicht Dobrindt machen lassen sollte.

Das Netzwerkdurchsuchungsgesetz ist in Kraft getreten. Doch anstatt sich zu mäßigen, lassen Politiker der AfD jegliche Contenance fallen: Beatrix von Storch und der sächsische Richter Jens Maier frönen dem offenen Rassismus. Wie umgehen mit Hass im Internet? Wer soll ihn erkennen und sanktionieren?

Wir. Storch ist abgemaiert und umgekehrt. Wie billig darf denn die Versuchsanordnung noch sein? Ein paar sehr erwartbare Buzzwords – und dieser Absatz wird zu Ende gehen, ohne dass ich sie noch mal hinschreibe – und schon steht die Medienlandschaft stramm und macht die Pressearbeit für Herzogin geborene von Oldenburg und einen Radikalen im öffentlichen Dienst. Die beiden sind Gagschreiber für eine Show, die auch ohne sie läuft. Es ist albern, irgendwen „da oben“ zum Handeln aufzurufen gegen Zitate, die man bei dieser Gelegenheit selbst noch mal gründlich unter die Leute bringt.

Drei Schauspielerinnen werfen dem Regisseur Dieter Wedel sexuelle Belästigung und sogar Vergewaltigung vor. Er bestreitet das. Brauchen wir für die #Metoo-Debatte hierzulande auch prominente Namen?

Als ich vor Jahren den Branchendiss „der mit dem Dieter wedelt“ hörte, hätte ich inquisitorischer nachhören können. Durchaus auch bei ihm selbst, so was klebt auch Unschuldigen gut am Schuh. Also: ja.

Nord- und Südkorea wollen sich zu bilateralen Gesprächen treffen. Werden die Olympischen Winterspiele im südkoreanischen Pyeongchang im Februar zum großen Friedensfest?

Wer das feiert, wird die Fußball-WM in Russland als Beitrag zur Verständigung zu begrüßen wissen. Bin gespannt.

Im Iran kommt es indes zu Protesten. Müssen sich die Mullahs in Teheran ernsthaft Sorgen machen? So recht scheint das im Moment niemand einschätzen zu können. Können Sie uns helfen?

Man kann es sich passend machen: Präsident Ruhani versucht, eine moderate Position zu sozialen Forderungen einzunehmen. Ajatollah Chamenei drischt auf die vermeintlichen „Agenten des Westens“ ein. Das wäre ein Machtkampf um die politische Ausrichtung des Regimes. Oder der Anfang vom Ende Ruhanis. So weit die mullah fiction. Fakt hingegen: Sigmar Gabriel knüpfte skrupellos eilig Wirtschaftsbeziehungen an, als die Sanktionen fielen. Kritik daran erweist sich jetzt als voreilig.

Und was machen die Borussen?

Mit dem Abgang des holländischen Trainers Bosz schließt sich auch wieder die Ahnengalerie der würdelosen Wurstpellen. Die wattierte Vereinspelle, die schon Tuchel entstellte und bei Klopp nicht sonderlich auffiel, umschließt den platzsparend konstituierten Stöger fast gänzlich. Mittelfristig arbeitet der BVB an einer Kollektion „Trainerburka“, da kann ein Ordner mit Kappe unerkannt zum Interview antreten.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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