Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Über PolitikerInnen mit Querulanzhintergrund, akademische Raucherbanden und eine moralisierende Merkel. Außerdem: Mel Gibson.

Boris Palmer stützt seinen Kopf und schaut gelangweilt

Dengelt mit dem Dienstfahrrad gegen jede Leitplanke: Boris Palmer Foto: imago-images/Reiner Zensen

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Beinahe dröhnende Abwesenheit Kanzlerin Merkels von der politischen Bühne.

Und was wird besser in dieser?

Wer vor der Europawahl nicht da ist, kann hinterher nicht schuld sein.

Heiko Maas kämpft an der Seite von Angelina Jolie gegen sexuelle Gewalt, bei ihrer UN-Resolution mussten die beiden dann aber den Christen-Fundis entgegenkommen. Hätte Mel Gibson mitmachen müssen?

Bei Gibson steht, um im Genre zu bleiben, eine Latte homophober, fremdenfeindlicher und antisemitischer Schübe zu Buche. Der hätte der gerechten Sache noch mehr schaden können als der diplomatische Tarnkappensatz, es gehe hier auch um die „sexuelle und reproduktive Gesundheit“ der vergewaltigten Opfer. Maas opferte diese Anspielung auf die Frage, was mit Schwangerschaften sei, die aus Kriegsverbrechen entstehen. Nachdem US-Diplomaten mit Veto gedroht hatten, sich für eine ältere, schwammige Resolution gefeiert und den Internationalen Strafgerichtshof weiterhin nicht anerkennen. Maas’ Allstar-Team erlitt eine kleidsame Niederlage, man kann auch weniger aus einem Vorsitz im Sicherheitsrat machen.

Boris Palmer hat sich auf Facebook über zu viele DB-Testimonials mit Migrationshintergrund beschwert. Nach dem obligatorischen Shitstorm hat er seinen Facebook-Account nun vorerst stillgelegt. Wer tritt an seine Stelle?

Vielleicht ist das erblich. Palmer hat einen deftigen Querulanzhintergrund, Vater Helmut trat erfolglos bei gut 250 Bürgermeisterwahlen in Baden-Württemberg an und erwarb sich den Ruch eines „Rebell vom Remstal“. Oft mit dem offenbar dynastischen Claim „Palmer statt Parteien“. Sohn Boris scheiterte in Stuttgart, reüssierte in Tübingen und dengelt mit dem Dienstfahrrad gegen jede Leitplanke, die er sich selbst vorher hinstellt: „Der shitstorm wird nicht vermeidbar sein“, hoffte sein Post im ersten Satz. Palmer jun. war produktiv für die Grünen, solange er seinen Stattfinderismus für ihre politischen Ziele einsetzte und nachwies, dass Volkstribun auch auf Öko geht. Inzwischen erringt seine Lust am Heldentum auch in dieser Höhe verdiente Siege gegen seine Vernunft. Zu ihrer Frage: Es gibt einen Enkel.

Raucher bekommen an japanischen Unis in Zukunft keine Jobs mehr. Die Dänen wollen Raucherpausen sogar im Homeoffice verbieten. In welchem Land können wir in Zukunft noch in Ruhe rauchen?

Das steht auf der Kippe: Einige japanische Unis haben Rauchergettos wieder eingerichtet, nachdem Anwohner sich über akademische Raucherbanden auf den Straßen und Vermüllung durch Kippen beschwert hatten. Im dänischen Nordjütland geht es eher ums Geld: dienstliche Pausen, Autofahrten oder eben Heimarbeit ungenutzt verrauchen und also teuer. Schwedens strenge Alkohol-Prohibition macht europäische Nachbarländer zu trinktouristischen Zielen; bald wirbt Italien: „Der Vesuv und du – komm rauchen.“

Der nordkoreanische Diktator Kim hat den russischen Präsidenten Putin in Wladiwostok getroffen. Kim hat den Besuch leider vorzeitig abgebrochen, zu einem Besuch im Delfinarium kam es nicht mehr. Das ist dann wohl ein nordkoreanischer Abgang?

Missverständnis. Kim dachte, Putin und er würden noch ’ne Runde flippern.

Vom Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, hat gerade mal ein Viertel der Deutschen gehört. Die anderen Kandidat*innen für die Europawahl können sich noch weniger merken. Hätten Sie ein paar Eselsbrücken für uns?

Das traditionelle „Hast du noch ’n Opa, schick ihn nach Europa“ wurde in Deutschland schon aufgeweicht, als nach der Wiedervereinigung galt „Haste noch wen über, musser rüber“. Vogel, Biedenkopf, Fuchs, Späth und viele mehr wurden gen Osten entsorgt. Die Grünen weisen mit Attac-Gründer Giegold und Ska Keller europäische Urinsassen auf, die schon ein bisschen Promi-Patina mitbringen. Bei FDP und SPD schimmert das alte Kalkül noch eher durch: „Allzweckwaffe“ Barley mit britischem Vater und die ehemalige Europaministerin Beer kann man leidlich begründen und jedenfalls stören sie die Jungs in Berlin jetzt nicht mehr. Etwas beliebiger die Linken Demirel und Schirdewan, sie waren wohl bei „drei“ nicht auf dem Baum, an den die AfD vorsichtshalber ihren Meuthen nagelt: Hier im Ruhrgebiet hängen die AfD-Plakate so hoch, als gäb’s beim Aldi Leitern billig. Meuthen strebt in ein Parlament, dass er abschaffen will; Weber in ein Parlament, an dem er vorbeiregieren kann.

Deutsche Bank und Commerzbank fusionieren nicht. Die Verkupplungsversuche von Finanzminister Olaf Scholz sind gescheitert? Was wird sein nächstes Projekt?

Die Fusion wurde so einhellig von Bankern, Finanzgurus, Gewerkschaften, Lobbyisten abgelehnt, dass man versucht ist zu vermuten: Scholz hatte recht.

Neulich noch aß Angela Merkel mit Pralinenproduzent Petro Poroschenko zu Mittag. Nun könnte sie seinen Nachfolger, den Komiker Wolodimir Selenski einladen. In welche Richtung zeigen die Mundwinkel der Kanzlerin?

Bei Poroschenko war’s eher Schokoladenüberzug – Autozulieferung, Schiffbau, Rüstung und Fernsehsender gehören dem Oligarchen. Selenski besteht einfach aus Überzug. Merkel wird bewährt monalisieren.

Und was machen die Borussen?

Gute Nachricht: Die Performance des Schiedsrichters beim Debakel des BVB gegen Schalke lässt hoffen, dass Uli Hoeneß sein Geld nicht mehr ausschließlich in windige Börsengeschäfte setzt.

Fragen mord, pwe

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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