Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Klaus Wowereit zündet Wahlurnen an und in Holland werden ölige Maggie-Würfel als Haschisch verkauft

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Schnee. Auf dem Brocken im Harz.

Was wird besser in dieser?

Die können einer Maus am Arsch ein Menschenohr wachsen lassen. Wann können die machen, dass ich einfach vier Monate Winterschlaf halte?

In Berlin wird es keine rot-grüne Koalition geben. Schuld sind 3,2 Kilometer Autobahn. Wort halten statt Mitregieren – ist das nicht eine seltsame Entscheidung der Grünen?

Seltsam: ja; Entscheidung: Nein, denn die kam von Wowereit. In Hamburg genehmigte eine grüne Senatorin das im Wahlkampf – "Keine Kohle für Ole" – befehdete "Klimamonster Kohlekraftwerk Moorburg". In Stuttgart windet sich eine grüne Landesregierung dem verhassten Bahnhofsbau entgegen. Nun ist die Krötenwanderung auf den Frühstücksteller der Grünen schiefgegangen, auf die lange Sicht: doppeltes Glück. Erstens lädt man sich das Credibility-Konto ein bisschen auf, zweitens stärkt das die schwarz-grüne Sekte. Wo immer die CDU sich ein irrsinniges Gesternprojekt abringen ließe, könnten die Grünen nun wohlbegründet koalieren.

ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.

Stattdessen wechselt Bürgermeister Klaus Wowereit jetzt von einem dunkelroten zu einem tiefschwarzen Koalitionspartner. Kann man seinen Mercedes bald wieder sicher nachts in Kreuzberg abstellen?

Ich freu mich auf das nächste SPD-Plakat "Wer hat denn die Autobahn gebaut?!". Und rechne nach: In Berlin haben vier sich mehr oder weniger irrtümlich für "links" haltende Parteien zusammen gut 65 Prozent bekommen – The mehrheit formerly known as absolute. Ein Ahn Wowereits im Amte – Willy Brandt – nannte dies mal "die Mehrheit diesseits der Mitte". Wer regiert ? Die CDU. Wie viel Prozent müssen Linke, Sozialdemokraten, Öko- und Sozialliberale eigentlich bekommen, damit am Ende nicht eh wieder die CDU regiert ? Wowereit zündet Wahlurnen an, das schont die Daimler.

Kanzleramtschef Ronald Pofalla sagte seinem Unionskollegen Wolfgang Bosbach "Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen", als dieser sein Nein zur Ausweitung des Euro-Rettungsschirms ankündigte. Ist Pofalla am Ende cooler, als er wirkt?

Mit dem Nachnamen ist man schon nach 13 Jahren Schulhof vermutlich ein nervliches Wrack. Po. Falla. Es musste so kommen. Fresse Bosbach, wie er nun liebevoll genannt wird, hat seinen Wahlkreis ein paar Mal direkt gewonnen – der Ströbele von Rösrath quasi - und demonstriert, dass der Demokratur Motorschaden droht, wenn einer macht, was er will. Man muss die "loose canons" nicht in jedem Einzelfall mögen – verstößt Bosbachs Frisur nicht eh gegen das Vermummungsverbot? –, doch der dramatische Ansehensverlust des Parteipolitik hat mehr mit den Pofallas als den Bosbachs zu tun.

Wäre gestern Bundestagswahl gewesen, säße die Piratenpartei wahrscheinlich im Bundestag. Auf Afghanistan und Eurokrise wollen und können die Orangen bisher nicht antworten. Ist das der Fehler der etablierten Parteien, ständig mitreden zu wollen?

Exakt. An dem Satz "Die wurden gewählt, obwohl sie keine Ahnung haben" stimmt nur das "obwohl" nicht. Erstens ist der politische Leitgedanke des Piratentums, die Bevormundung durch direkte Demokratie aufzuweichen. Politiker neuen Schlages wären demnach Manager und Softwareentwickler, die aus dem vierjährlichen Abnicken einen Wahlomaten in Permanenz machen. Zweitens sind die Altpolitiker "mit Ahnung" gleichzeitig für und gegen Atomkraft, Bomben in Afghanistan und Palmwedeln in Libyen. Und reden jederzeit so, morgen mit dem schlimmsten Feind koalieren zu könne. Ergo: Piraten werden gewählt, weil und solange sie keine Ahnung haben.

Die holländische Regierung will Marihuana und Haschisch verbieten, wenn sie mehr als 15 Prozent THC beinhalten. Gift für die deutsche Jugendkultur?

Ich habe mir mit 17 für sauer verdiente Gulden Maggie-Würfel mit Patchouli-Öl anschwindeln lassen in Amsterdam. Schon damals fand ich den niederländischen Verbraucherschutz lückenhaft, eine "mindestens 15 Prozent THC"-Regelung verstünde ich besser. Die Betreiber der Coffeeshops dürfen ab 2012 nur noch "Niederländer oder in den Niederlanden ansässige Kunden" bewirten, und nun fragen sie, wie zum Teufel sie THC-Gehalt messen sollen. Vielleicht schauen Beamte vorbei, die gründlich inhalieren.

Und was machen die Borussen?

Bekomme gerade den Prachtband "Revier-Derby – die Geschichte einer Rivalität" auf den Tisch. Bin mal gespannt, warum ich seit Jahrzehnten Schalke nicht leiden kann.

FRAGEN: SEBASTIAN FISCHER

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