Digitale Hafenwirtschaft: Computer sollen´s richten

Mit mehreren hundert Millionen Euro sollen die großen norddeutschen Häfen Vorreiter der Digitalisierung werden. Das könnte Jobs kosten.

Containerhafen

Verkehrsminister Dobrindt (CSU) sieht die „digitale Weltordnung“ voraus. Foto: Angelika Warmuth/dpa

HAMBURG taz | Die Schifffahrt wird zum Computerspiel. „Wir stehen vor einer neuen digitalen Weltordnung“, sagt Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Dienstag auf der 10. Nationalen Maritimen Konferenz in Hamburg. Deshalb sei die weitere Digitalisierung der Schifffahrt und der Häfen „ein unverzichtbarer Schritt zum Erhalt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit“, so Dobrindt. „Nur technisches Know-how hält uns an der Spitze“, ergänzt Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD).

Der Bund will in den digitalen Ausbau der norddeutschen Häfen massiv investieren, wie Dobrindt und Zypries verkündigen. Für 350 Millionen Euro sollen sie mit Gigabit-Glasfaseranschlüssen erschlossen werden, um Hafenbetrieben den globalen Datentransfer in Echtzeit zu ermöglichen, so Dobrindt: „Das ist die Schlüsseltechnologie.“

Speziell für die drei großen Containerhäfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven würden in den nächsten drei Jahren weitere 64 Millionen Euro zur Förderung digitaler Technologien bereitgestellt. „Unerlässlich“ sei die globale Vernetzung von Terminals, Zulieferern, Reedern und Speditionen. „Die maritime Wirtschaft steht mit der Digitalisierung vor einer echten Effizienzrevolution“, kündigte Dobrindt an. Deshalb sollen zudem mit weiteren 100 Millionen Euro Start-ups und Projekte aus der maritimen Wirtschaft gefördert.

Digital ist besser

Die Nationale Maritime Konferenz (NMK) wurde im Jahr 2000 von der rot-grünen Bundesregierung ins Leben gerufen.

Ihre Aufgabe ist es, Maßnahmen zur Sicherung und Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der maritimen Wirtschaft zu entwickeln und so den maritimen Standort Deutschland zu stärken.

Federführend ist das Bundeswirtschaftsministerium, wo ein „Koordinator für die maritime Wirtschaft“ im Rang eines Staatssekretärs ansässig ist.

Die erste Konferenz fand im Jahr 2000 in Emden statt; seitdem tourt sie in zweijährigem Rhythmus durch die fünf norddeutschen Küstenländer.

Die zehnte fand am gestrigen Dienstag zum zweiten Mal in Hamburg statt.

Darüber hinaus solle in Hamburg, „dem maritimen Herz Deutschlands“, so Dobrindt, das Deutsche Maritime Zentrum (DMZ) errichtet werden. Diese Denkfabrik, für die der Bund neun Millionen Euro bis 2019 bereitstellt, soll Themen wie Digitalisierung, Ausbildung, Umweltschutz und Wissenstransfer bundesweit für alle maritimen Branchen koordinieren.

„Wir müssen im internationalen Wettbewerb immer einen Schritt voraus sein“, erklärte Uwe Beckmeyer. Der Bremer SPD-Bundestagsabgeordnete ist als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium der Maritime Koordinator der Bundesregierung.

Er war federführend bei der Ausarbeitung der Maritimen Agenda 2025 der Bundesregierung, das strategische Handlungskonzept für die Ausrichtung der maritimen Wirtschaft bundesweit. „Innovationsförderung“, so Beckmeyer, sei das Schlüsselelement dieser Strategie, und dessen Kernaufgabe für die nächsten Jahre die Digitalisierung der Häfen und Logistikketten.

Die maritime Wirtschaft ist mit einem Jahresumsatz von etwa 50 Milliarden Euro und rund 400.000 Arbeitsplätzen eine der wichtigsten deutschen Branchen. Mehr als 60 Prozent der Ex- und Importe erfolgen per Schiff. In einer auf der Konferenz verabschiedeten gemeinsamen Erklärung zur Digitalisierung der maritimen Wirtschaft einigten sich Bund, Länder, Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften auf die Gestaltung des Modernisierungsprozesses, vor allem im Hinblick auf Automatisierung und technologische Herausforderungen, neue Arbeitsinhalte und innerbetriebliche Qualifizierungsprozess.

Zypries stellt klar

Die Digitalisierung „darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden“, stellte Wirtschaftsministerin Zypries klar, und mahnte verstärkte Aus- und Fortbildung in Schifffahrt, Logistik, Offshore-Windenergie und Hafenumschlag an. Bereits am Montag hatten rund 900 Beschäftigte aus der Branche in Hamburg gegen drohenden Stellenabbau protestiert.

Die Gewerkschaften IG Metall Küste und Ver.di warnten vor möglichen Folgen weiterer Automatisierung und Digitalisierung. „Digitalisierung ist nicht nur eine technische Frage“, sagte der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Meinhard Geiken. „Hier geht es auch um die Zukunft der Arbeitsplätze.“

Davon wird es schon in wenigen Jahren in der Branche deutlich weniger, dafür hochqualifizierte geben. Aber nicht für lange: Die Vision für die 2030er Jahre ist das „autonome Schiff“ – das ohne Crew von Computern über die Meere gesteuert wird.

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