Digitale Spiele im taz-Test (4): „Ein penisorientiertes Gebilde“

Einmal im Monat Treffen sich taz-Mitarbeiter und Gäste zum Daddeln an der Konsole. Diesmal: Pilze auf der Rennstrecke, die SS im Mittelalter und ein Mann am Meer.

Meucheln vor viktorianischer Kulisse: „Dishonored. Die Maske des Zorns“ Bild: Bethesda

3 Konsolen, 4 Spiele, 5 Leute. Neue Spiele, alte Spiele, nur Laien am Werk – die taz-Runde „Digital Spielen“ trifft sich zum vierten Mal. Doch diesmal ist alles anders: sieben Leute spielen drei Spiele auf drei Konsolen: „Mario Kart“, „Dishonored. Die Maske des Zorns“ und „Grand Theft Auto IV“ Dabei sind: Jan Scheper, Volontär bei taz.de, Maik Söhler, Chef vom Dienst taz.de, Aletta Lübbers, taz-Anzeigen-Designerin, Julia Niemann, Ressortleiterin taz.de, Julia Amberger, Volontärin bei der taz und Vera Cornette vom Bayerischen Rundfunk.

Wir wählen in Super Marios Welt den Pilz-Cup aus und fangen langsam an: 50 ccm. Grafikexpertin Aletta Lübbers reißt das Steuer (der Wii-Controller steckt diesmal in einen Plastiklenkrad) an sich und düst los. Proberunde, allerdings nicht nüchtern. „Ich hab erst zwei Bier,“ freut sich Lübbers. Kollegin Julia Amberger übernimmt, ist sehr konzentriert und wird im Spiel zur Rakete. Sie will nochmal. Lübbers konsterniert: „Eigentlich hätte Julia jetzt einen Krankenwagen haben müssen.“ Zumindest muss Amberger jetzt über riesige Fliegenpilze hüpfen: „Pilze – da bleib ich gern hängen“.

Fliegender Fahrerinnenwechsel zur BR-Korrespondentin Vera Cornette, der das Hüpfen weniger liegt. Abstürze folgen. Tipps werden gefordert. Lübbers stur: „Ich geb keine Tipps, ich will gewinnen!“ Autowechsel. Klare Ansage von Lübbers: „Ich will den schnellsten.“ Allerdings rast sie an den Bonuspunkten vorbei. „Das liegt am Auto. Ich hatte immer nur Mercedes“, schimpft sie. Nach drei Runden hat Lübbers drei Punkte gesammelt.

Amberger muss nachlegen. Sie umkurvt das Feld, führt, fällt dann aber wieder auf Platz 12 zurück. Am Ende reicht es zum sechsten Platz: sechs Punkte. Cornette holt danach wie Lübbers drei Punkte. Alle beschweren sich über die Spielmusik. „Das macht mich richtig aggressiv“, sagt Lübbers. Sie beschließt gemeinsam mit Cornette in den nächsten fünf Jahren am Brandenburger Tor im Ferrari und im Bugatti vorstellig zu werden. Dann komm die schwarz-weiße Flagge.

Das sagt die Zielgruppe: „Ich kann jetzt viel besser einparken.“ (Cornette)

Das sagen die anderen: „Ich habe nur Schuhe von Bugatti.“ (Söhler)

Fuhrpark ohne Mercedes: der Nintendo-Klassiker Mario Kart Bild: Nintendo

Spiel 2: „Dishonored. Die Maske des Zorns“, Action-Adventure, 2012, Neuerscheinug, PS3

Es wird düster. Das Szenario erinnert ans viktorianische England. Es herrscht eine Kaiserin. Wir sind ihr Leibwächter Corvo und können ziemlich gut meucheln. Gemeuchelt wird aber zuerst die Regentin – nicht von uns. Danach entführen die Täter, böse Schotten-Ninjas, die Thronfolgerin. Deren sterbende Mutter beauftragt Schulz am Controller: „Beschützen Sie Emily.“ Lübbers versteht nichts, Scheper versucht zu motivieren: „Farmville ist doch viel komplexer.“

Männer mit Glatzen und langen Mänteln tauchen auf. Söhler: „Was macht denn die SS im Mittelalter?“ Wir werden zu Unrecht als Hauptverdächtiger verhaftet und wachen im Knast wieder auf. Ressortleiterin Niemann analysiert die Bildästhetik: „Schön! Das hat was von den Elben in Herr der Ringe.“ Ausbruch. Schulz tippelt leise durchs Gefängnis und meuchelt drei Mittelalter-SSler. Wir kriegen neue Waffen. Neben einem Schwert, tragen wir nun auch eine Muskete. Lübbers ist begeistert „wie männlich er das Schwert hält – ein penisorientiertes Gebilde.“

Julia Niemann übernimmt. Es kommt zum Kampf – tot. Lübbers: „Willst du schon gehen?“ Niemann: „Schnauze!“ Es wird weiter geschlichen. Scheper: „Aufpassen!“ Niemann dreht sich um – zwei Schuss, zwei Treffer. Niemann: „Ich hasse Ego-Shooter. Es nervt, dass man durch Räume laufen muss.“ Scheper greift sich den Controller. Wir erreichen ein Verhörzimmer. Lübbers gendert: „überall Penisse hier.“ Ihr Fazit: „Wir Frauen können mit Männern nicht zusammen spielen!“

Scheper flieht in die Kanalisation. Lübbers: „Eklige Plörre.“ Scheper teilt sich nun mit ihr den Controller. Er: „Ich gucke, Du läufst.“ Darauf sie: „Nein. Ich gucke, Du läufst.“ Wir finden eine Armbrust und werden von Ratten angegriffen. Endlich Licht am Ende des Tunnels, raus aus dem Untergrund. Der Kammerjäger macht Pause.

Das sagt die Zielgruppe: „Ich mag dieses Spiel. Schleichen heißt, leise zu sein. Diese Stille – ist es nicht schön.“ (Söhler)

Das sagen die anderen: „Alles Scheiße, solche Spiele sind Scheiße.“ (Niemann)

Karren und Knarren an der Küste: „Grand Theft Auto IV“ Bild: Rockstar Games

Ein Schiff kommt im Hafen von Liberty City an. Wir reisen illegal ein. Gesellschaftskritik. Alles wirkt ziemlich düster. Viele Ockertöne. Auf dem Bildschirm holt uns Cousin „Roman“ im schwarzen Schlitten ab. Wir heißen Niko Bellic. „Fahr Roman nach Hause“, lautet die erste Dienstanweisung. Söhler übernimmt und gibt Lübbers ihre erste digitale Fahrstunde. „Wenn Du 'nen Unfall baust, baust Du 'nen Unfall“, sagt er lässig. Er eiert vorwärts und mäht eine Laterne um. Danach ist ein Brückenpfeiler dran. Endlich wird das Apartment erreicht. „Du bringst mich in eine Absteige“, sagt Lübbers.

Der Cousin schwärmt vom American Dream. Alles geht: Frauen, Autos und Geld – viel Geld. Dann geht er wieder raus. „Ah, da könnte eine Bar sein – Wiskey-Cola.“ Nacht in der Bronx. Wir brauchen eine Karre, verprügeln einen Anzugträger und werden verhaftet. Raues Pflaster, dieses Liberty City. Die Bullen kassieren uns ein. Am Morgen werden wir wieder freigelassen.

Lübbers: „Wo kann ich schießen“, Söhler: „Du hast noch keine Waffe“, Lübbers: „Schade eigentlich“. Sie versucht verzweifelt eine Karre zu klauen. Söhler will helfen und erntet Kritik: „Du holst mir ein Auto aus Mitleid“. Er schmeißt ein paar Typen aus ihren Wagen, entfesselt eine Schlägerei und schnappt sich ein leeres Gefährt. Ein weißer PS-Frachter ist unser. Söhler köpft einen Hydranten: „Einfach fahren“.

Schnell sind wir auf einer Straße am Wasser und verlieren nach einem Crash die Motorhaube: „Ab auf den Freeway.“ Da wird dann die demolierte Karre abgestellt. Söhler geht ans Meer. „Herrlich, man kann sich endlos umgucken und schwimmen gehen.“ Später folgt Gymnastik am Strand. „Hübscher Mann am Meer, was willste mehr“, sagt Söhler. „Ich würde jetzt 'ne Blonde klarmachen“ meint Lübbers, „hach, den heirate ich“. Sonnenuntergang.

Das sagt die Zielgruppe: „Das ist mein Mann – allerdings hat der schlechte Zähne.“ (Lübbers)

Das Sagen die anderen: „Eins, zwei, drei, Schicki-Schicki-Schweine“ (Song bei GTA IV)

Protokoll: Maik Söhler, Jan Scheper

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