Direkte Demokraten auf Parkplatzsuche: Bezirk begehrt Parkgebühren

Eine Anwohnerinitiative will per Bürgerbegehren neue kostenpflichtige Parkzonen in Mitte verhindern. 10.000 Unterschriften sind schon gesammelt. Bezirk kassiert dennoch ab 1. April.

Fahrräder darf man zum Glück weiterhin kostenlos in Parkraumberwirtschaftungszonen abstellen Bild: AP

Der Bezirk Mitte und seine Bürger liefern sich derzeit ein ungleiches Wettrennen. Zwar hat eine Bürgerinitiative mehr als 10.000 Unterschriften gegen weitere kostenpflichtige Parkzonen gesammelt. Damit dürfte die Voraussetzung für einen Bürgerentscheid erfüllt sein. Doch das Bezirksamt will diese basisdemokratische Abstimmung nicht abwarten. Die Parkautomaten sind bereits aufgestellt. Ab 1. April müssen Autofahrer zahlen.

Der Bezirk Mitte will zum 1. April Parkgebühren in drei weiteren Zonen einführen. Dann müssen Autofahrer im Regierungsviertel zwischen Reichstag, Friedrichstraße und Unter den Linden sowie rund um den Hauptbahnhof zwei Euro pro Stunde zahlen. In der Rosenthaler Vorstadt zwischen Torstraße und Bernauer Straße wird ein Euro pro Stunde fällig.

Anwohner und Gewerbetreibende können beim Bezirksamt eine Parkvignette erwerben. Die kostet für Anwohner 30,70 Euro für ein Jahr und 51,10 Euro für zwei Jahre. Gewerbetreibende bekommen diese ab 90 Euro für ein Jahr. Auswärtige Besucher erhalten bei längerem Aufenthalt eine Gästevignette für bis zu drei Monate.

Der Bezirk habe erstaunlich schnell 350 neue Automaten geordert und auch schon aufgestellt, klagt Matthias Schulze, Sprecher der "Initiative gegen die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung in Berlin Mitte", die seit November Unterschriften sammelt. "Wir erwarten, dass der Bezirk die Parkraumbewirtschaftung von sich aus aussetzt", so Schulze. Der Bezirk müsse die Mittel der direkten Demokratie anerkennen. "Politisch und moralisch ist er dazu längst verpflichtet." Bisher gab es jedoch laut Schulze nicht mal Gespräche zwischen Bezirk und Initiative.

Für einen Bürgerentscheid sind laut Schulze 6.380 gültige Unterschriften notwendig. Bisher habe die Initiative mehr als 10.000 Unterschriften gesammelt. "9.732 Unterschriften haben wir bis jetzt eingereicht." Dies reiche wahrscheinlich bereits für ein Begehren aus. Allerdings sei bis heute nur bei knapp der Hälfte die Gültigkeit überprüft worden. Erfahrungsgemäß ist ein großer Teil der Unterschriften ungültig, da die angegebenen Adressen nicht korrekt sind oder sich nicht im Bezirk Wahlberechtigte beteiligt haben. Hat das Bürgerbegehren die nötige Unterschriftenzahl erreicht, kommt es zum Bürgerentscheid. Dann können alle Wahlberechtigten an einem Sonntag ihr Votum abgeben. In Charlottenburg-Wilmersdorf stimmten im September bei einem Bürgerentscheid 87 Prozent gegen eine Ausweitung der Parkzonen.

In Mitte könnte es zu einem ähnlichen Ergebnis kommen. "Das Bürgerbegehren kommt. Das steht fest", sagt Schulze. Die Bürgerinitiative sei nicht generell gegen kostenpflichtige Parkplätze. In den geplanten Zonen sei dies jedoch "grober Unsinn". Schulze lebt wie viele andere Mitglieder der Initiative in der Nähe des Rosenthaler Platzes. "Tagsüber haben wir keinen Parkplatzmangel", sagt er. Abends sei es zwar schwieriger, einen Stellplatz zu finden. "Aber da ändern auch Automaten nichts dran. Die sind abends abgeschaltet." Er hegt den Verdacht, dem Bezirk gehe es nicht um Verkehrslenkung, sondern um zusätzliche Einnahmen durch die Parkautomaten. Das sei jedoch rechtswidrig.

Mittes Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD) war gestern nicht erreichbar. Die für das Bezirkswahlamt zuständige Stadträtin Miriam Scheffler (Grüne) bestätigte aber, dass die kostenpflichtigen Parkzonen ab dem 1. April in Kraft treten. "Das hat die Bezirksverordnetenversammlung bereits vergangenen April beschlossen."

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