Diskussion um Kinderehen in Deutschland: Bald Geldstrafe für Imame?

Innenminister De Maizière ist für eine Geldstrafe, die Union für strengere Gesetze. Justizminister Maas will das Kindeswohl stärken.

Das Gesicht einer Braut in einem Handspiegel, darunter ein Koran

Bedarf doppelter Reflektion: die generelle Ahndung von Trauungen Minderjähriger Foto: reuters

BERLIN taz | Nach Informationen der Zeitung Die Welt fordert Bundesinnenminister Thomas de Maizière bis zu 1.000 Euro Strafe, wenn Imame Mädchen oder Jungen unter 16 Jahren verheiraten. Das hätte der Innenminister der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Kinderehe“ vorgeschlagen. Das Innenministerium präzisierte auf Anfrage der taz, dass es generell die Trauung Minderjähriger als Ordnungswidrigkeit einstufen will – unabhängig von der Religion.

Anfang September berief das Bundesjustizministerium die AG ein. Sie soll die Anhebung des Eheeintrittsalters auf 18 Jahre prüfen und die Anerkennung von im Ausland geschlossenen Kinderehen regeln. Auslöser war unter anderem ein Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Bamberg im vergangenen Mai.

Ein 22-jähriger Syrer und seine 15-jährige Partnerin hatten auf Anerkennung ihrer Ehe geklagt. Das Jugendamt hatte dies verweigert. Das OLG aber gab dem Paar recht. Die Ehe sei anzuerkennen, „wenn die Ehegatten der sunnitischen Glaubensrichtung angehören und die Ehe bereits vollzogen ist“, heißt es in dem Beschluss. In Syrien ist es erlaubt, Mädchen oder Jungen unter 16 Jahren zu verheiraten.

Bisher galt in Deutschland: Nur wenn die Ehe aus Zwang geschlossen wurde, konnte sie aufgehoben werden. Das soll sich nach Informationen des Spiegels nun ändern. Das Magazin beruft sich auf einen Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums. Künftig solle das Kindeswohl zählen. Wenn das gefährdet sei, könne ein Gesetz die Ehe aufheben. Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums sagte gegenüber der taz: Einen solchen Gesetzentwurf gebe es nicht, die Informationen seien außerdem veraltet. Es gebe nur ein Arbeitspapier. Der Entwurf soll bis spätestens Ende des Jahres vorliegen.

Meist sind es die Frauen, die minderjährig sind

Die CDU/CSU-Fraktion möchte den Entwurf bereits Mitte November. Sie drängt auf eine Verschärfung des aktuellen Rechts. „Ehen mit unter 18-Jährigen darf es in Deutschland nicht geben“, erklärte Stephan Harbarth, Fraktionsvize der Union im Bund.

Bisher sind Ehen zwischen Männern und Frauen in Ausnahmefällen bereits ab 16 Jahren erlaubt, auch in Deutschland. Voraussetzungen sind, das einE PartnerIn bereits volljährig ist und das Einverständnis der Erziehungsberechtigten vorliegt. Meist sind es die Frauen, die minderjährig sind.

Viele Mädchen heirateten vor der Flucht, um sich so besser vor sexuellem Missbrauch zu schützen

Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes fordert, dass eine Ehe erst ab 18 Jahren geschlossen werden können soll. „Bei Mädchen, die verheiratet nach Deutschland kommen und minderjährig sind, sollte die Ehe nicht anerkannt werden“, sagt Monika Michell, Referentin bei Terre des Femmes, „unabhängig davon muss im Einzelfall entschieden werden, wo die Minderjährige untergebracht wird, also ob sie beim ,Ehemann'bleiben kann.“

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hingegen befürchtet negative Folgen für Frauen, wenn die Ehen allesamt als nichtig erklärt würden. Frauen würden Unterhaltsansprüche verlieren, Kinder würden als illegitim angesehen. Viele Mädchen heirateten vor der Flucht, um sich so besser vor sexuellem Missbrauch zu schützen. Das Institut empfiehlt, jeden Einzelfall zu prüfen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.