Doku über Kongo-Müller und die DDR: Unser Mann in Afrika

Auf Arte ist die Geschichte eines deutschen Söldners zu sehen, der im Kongo Rebellen zerstückelte. Und die Geschichte dieser Geschichte in DDR und BRD.

Die Doku "Kongo-Müller" erzählt eine deutsch-deutsche Geschichte. Bild: Sebastian Hattop/a+r film/ZDF

BERLIN taz | Es ist natürlich eine Weile her, es gab Zeiten, in denen zählte eine in Deutschland genossene Ausbildung noch etwas in der Welt. Ermöglichte internationale Karriere. Zum Beispiel Siegfried Müller, der auf die Frage, ob es sich bei ihm "um eine weltbekannte Persönlichkeit handelt", forsch antwortet: "Allerdings. Von Peking bis Washington."

Müller hatte besagte Ausbildung noch in der "großdeutschen Wehrmacht" genossen, in den sechziger Jahren wurde seine EK-I-verifizierte Expertise dann in Afrikas gebrochenem Herzen verlangt, in jenem Land, dem er seinen Spitznamen verdankt.

Kongo-Müller führte einen in Südafrika zusammengestellten Trupp weißer Söldner - Deutsche, Franzosen, Belgier, Briten, das "Kommando 52" - in Afrikas damals wie heute vom Bürgerkrieg versehrter Mitte, gegen "die Rebellen".

Das ist für sich genommen natürlich schon eine interessante Geschichte. Was Siegfried Ressels Film noch interessanter macht, ist aber, dass er sich nicht auf diese - schon in ihrer Gegenwart erzählte - Geschichte beschränkt, sondern auch die Geschichte ihrer Erzählung erzählt.

Daher auch der Untertitel des Films: "Eine deutsch-deutsche Geschichte". Ressel erzählt im Grunde drei Geschichten. Die Geschichte von Kongo-Müller. Die Geschichte des Stern-Reporters Gerd Heidemann, der ihn im Kongo aufspürte.

Die Geschichte des DDR-Fernsehmanns Walter Heynowski, der, ohne einmal selbst in den Kongo gereist zu sein und dort gedreht zu haben, fünf Filme über Kongo-Müller drehte: "Wir ham dann 'ne kleine Camouflage gemacht, wie wir zu den Bildern gekommen sind", sagt er.

Denn niemand sollte wissen, nicht hüben und nicht drüben, das DDR-Fernsehen hatte sie Heidemann ganz einfach abgekauft, mit Billigung von Stern-Chef Henri Nannen.

Es ist die Rede davon, wie im Nachkriegs-Westdeutschland die Geschichte von Kongo-Müller auf eine vorgeblich seriöse, im Grunde aber ausgesprochen reißerische und chauvinistische Weise - "Auf der Straße der Landsknechte" - erzählt und dafür mit dem World Press Award prämiert wird.

Es ist die Rede davon, wie die DDR die Geschichte von Kongo-Müller zu nutzen versucht, um "der gesamten Bundesrepublik kolonialistische und imperialistische Gesinnung nachzuweisen". Nirgendwo hatte die Propaganda einen so spießigen Kern wie in der DDR. Einer der DDR-Filme über Kongo-Müller heißt "Der lachende Mann".

Lachender Folterer

Tatsächlich hat der Söldnermajor so überhaupt nichts hackenschlagend Preußisch-Scharfes an sich. Er lacht ständig. Und erzählt dabei Unheimliches: "Das is' normal, nech. Man vernimmt jemanden, und wenn man vernimmt, muss er Hiebe kriegen, sonst erzählt er nicht richtig. Und dann, wenn er erzählt hat, dann wird er ja, da er ein Rebell ist und ein Rebell außerhalb des Rechts steht, wird er getötet. Das is' ganz normal. Man macht normalerweise keine Gefangenen. Und wenn es doch vorkommt, dann wird also stückchenweise abgeschnitten, erst das rechte Bein, dann das linke Bein."

Lachen. Dann klingt er fast wie Peter Struck als Verteidigungsminister: "Wir kämpfen in Afrika für Europa! Afrika ist für mich nichts anderes als die Verteidigung des Westens in Europa!" Auch unheimlich.

Kongo-Müller (Deutschland, 2010, 52 Min): Mittwoch, 2. November 2011 um 21.05 Uhr auf Arte, Wiederholungen am 5.11.2011 um 16:55 und am 8.11.2011 um 10:55.

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