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Doku über den TSV 1860 München„Ich bin Löwe geworden, weil's nicht anders ging“

Eine fünfteilige ARD-Doku versucht das Phänomen des Fußballclubs TSV 1860 München zu erklären und lässt dabei schillernde Persönlichkeiten sprechen.

Die Münchner Löwen Foto: Sven Hoppe/dpa

Die Zigarre des jordanischen Investors vor Poolkulisse in Abu Dhabi. Das süffisante Lächeln von Uli Hoeneß. Die Urgewalt in den Oberarmen des Bierfahrers mit der Löwenkutte. Man kann sich schier nicht sattsehen an all den irren Bildern aus der wahrlich nicht wunderbaren Welt des TSV 1860 München.

In einer fünfteiligen Dokumentation unter dem Titel „Rise and Fall“ sind sie seit Samstag in der ARD-Mediathek zu finden. Sie sollen erklären helfen, was nicht zu erklären ist: das Phänomen des Fußballclubs TSV 1860 München. Die Fans des Klubs fühlen sich seit 14 Jahren in einer Art Gefangenschaft unter einem Despoten aus dem Morgenland, der die Mehrheit der Klubanteile sein Eigen nennt.

Die Doku

Rise and Fall“, Staffel 1, fünf Folgen zum TSV 1860 München in der ARD Mediathek

Hasan Ismaik, jener Investor, mag nicht verstehen, dass ihm nicht abgenommen wird, wenn er in seinem putzigen Arabenglisch sagt: „Einmal Löwe, immer Löwe!“ Er mag geliebt werden, wie einst Karl-Heinz Wildmoser, unter dessen Präsidentschaft 1860 von der Bayernliga in die 1. Bundesliga durchmarschiert ist. Was für ein Typ das doch war! Fast so voluminös wie das Bierzelt, das er auf dem Oktoberfest betrieben hat.

Diesen superjovialen Gastronomen, der schon mal zwei Schachteln Zigaretten in einem Spiel rauchen konnte, noch einmal in Aktion zu sehen, ist eines der Geschenke, die diese Dokumentation den Zuschauern macht. Er hat die Liebe vieler Fans verloren, als er nach dem Bundesligaaufstieg entschied, die Mannschaft im Olympiastadion spielen zu lassen. Nicht mehr im kleinen Grünwalder droben in Giesing, wo das Herz des Vereins schlägt. Dort glauben sich selbst jene noch an die Meisterfeier von 1966 zu erinnern, die damals noch gar nicht auf der Welt waren.

Erklärungsversuche

Einer der als Spieler dabei war, Fredi Heiß, versucht in der Doku den Beginn der Liebe zu Sechzig in München zu erklären. Ein Versuch. Erklärungsversuche gibt es viele. Der ehemalige Oberbürgermeister Christian Ude blickt in der ihm eigenen Gescheitmeierei beinahe wie ein Unbeteiligter auf die Geschehnisse zurück. Dabei war er es doch, der den TSV und den FC Bayern München regelrecht zum Bau eines gemeinsamen Stadions gezwungen hat.

Die Arena hat den Klub dann in den Ruin getrieben, sodass er irgendwann sogar unten in der vierten Liga gelandet ist. Schuld daran ist der Doku zufolge übrigens die Fifa. Es war also das institutionalisierte Böse im Fußball, das den Klub ruiniert hat. Hätte die Fifa die WM 2006 nicht nach Deutschland vergeben, dann wäre die Arena vielleicht nie gebaut worden, dann wäre Karl-Heinz Wildmoser vielleicht nicht festgenommen worden, nachdem aufgeflogen war, dass beim Stadionbau massive Korruption im Spiel war. Dann hätte sein Sohn, ebenfalls Karl-Heinz, nicht alle Schuld auf sich nehmen und eine langjährige Haftstrafe absitzen müssen.

Der kleine Wildmoser kommt auch zu Wort. „Ich habe die letzten 20 Jahre nichts darüber geredet“, sagt er, „und ich rede auch die nächsten 20 Jahre nicht darüber“. Da fühlt man sich vielleicht nicht wirklich gut informiert, aber bestens unterhalten. Wie man zum Fan eines derartig kaputten Klubs werden kann? „Ich bin Löwe geworden, weils nicht anders ging“, sagt Tizian Hegetusch, der Wirt der Löwenwirtschaft „Bumsvoll“, in der Doku. Ja dann!

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