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Treffen zwischen USA und ChinaMehr Stillstand, weniger Deal

Donald Trump und Xi Jinping haben bei ihrem Gipfel den Druck aus dem Handelskrieg genommen. Viel mehr haben sie jedoch nicht erreicht.

Selbsterklärter US-Dealmaker und chinesisches Pokerface: Die beiden Präsidenten verabschieden sich nach ihrem Gipfeltreffen Foto: Mark Schiefelbein/ap/dpa
Fabian Kretschmer

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Fabian Kretschmer aus Gyeongju

Als die Air Force One vom südkoreanischen Luftwaffenstützpunkt Gimhae abhob, konnten selbst die schweren Turbulenzen im dortigen Luftraum der guten Laune des US-Präsidenten nichts anhaben. Das Treffen mit Xi Jinping in Busan sei ein voller Erfolg gewesen, sagte Donald Trump euphorisch, während er im ruckelnden Flugzeug nur mit Mühe und Not das Gleichgewicht halten konnte: „Auf einer Skala von null bis zehn, wobei zehn der beste Wert ist, würde ich sagen, das Treffen war eine Zwölf“.

Journalistisch betrachtet ist das eine maßlose Übertreibung. Das lang ersehnte Treffen Trumps mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping brachte zwar sehr wohl eine Deeskalation im Verhältnis zwischen den zwei Weltmächten. Doch mehr als eine vorübergehende Waffenruhe lässt sich dabei bislang nicht ablesen. Um Trumps Skala aufzugreifen: maximal sechs, vielleicht auch nur fünf von zehn Punkten.

Denn insbesondere die chinesische Seite sträubte sich in ihrer offiziellen Aussendung, konkrete Punkte der gemeinsamen Vereinbarung zu benennen. Und so bleiben vor allem Ungewissheiten: Der Großteil des Deals wurde schließlich von Trump höchstpersönlich in die Weltöffentlichkeit posaunt – und sollte daher mit einer gehörigen Portion Vorsicht genossen werden.

Was bislang bekannt ist: Der US-Präsident wird seine Strafzölle gegen chinesische Importe um zehn Prozent absenken, nachdem Peking zugestimmt hat, beim Kampf gegen chemische Vorprodukte für das Opiat Fentanyl zu kooperieren. Das ist eine wichtige, längst überfällige Maßnahme, um die derzeit tödlichste Drogen-Epidemie in den Vereinigten Staaten zumindest etwas einzudämmen.

Entgegenkommen Xis bei seltenen Erden und Sojabohnen

Ebenso wird die Volksrepublik China ihre Exportkontrollen auf seltene Erden für ein Minium von einem Jahr absenken. Ebenfalls sollen die Chinesen künftig wieder mehr Sojabohnen aus den USA einkaufen.

Viele der großen Streitthemen bleiben jedoch im Vagen. Wie es etwa um den Verkauf der Video-Plattform Tiktok steht? Ob die Vereinigten Staaten künftig auch Exporte führender Chip-Unternehmen, etwa der Produkte von Nvidia, nach China genehmigen werden? Keine Auskunft.

Über den Taiwan-Konflikt hat Trump mit seinem Amtskollegen Xi gar nicht erst gesprochen. Gut so, möchte man zynisch anmerken. Schließlich sorgt man sich in Taipeh zu Recht, dass der US-Präsident die knapp 24 Millionen Inselbewohner als Verhandlungsmasse für einen Deal missbrauchen könnte.

Wenn das Treffen zwischen Xi und Trump im südkoreanischen Busan etwas offengelegt hat, dann wohl die endgültige Gewissheit, dass die Ära der liberalen Globalisierung auf absehbare Zeit vorbei ist.

Auch im Gastgeberland des US-chinesischen Gipfels ist diese Botschaft deutlich zu spüren. Als am Donnerstag eine Reporterin vom südkoreanischen Handelsminister Yeo Han Koo wissen wollte, von was für einem wertebasierten Handel er denn rede, erntete sie nur Ratlosigkeit.

Mehr Sorge vor US-Strafzöllen als vor Chinas Politik

Auf dem derzeitigen Gipfel der asiatisch-pazifischen Wirtschaftszusammenarbeit (Apec) im südkoreanischen Gyeongju schwingt in fast allen Konversationen das Thema der Trumpschen Strafzölle mit. Darüber sorgt man sich deutlich mehr als über Chinas unfairen Wettbewerb oder Aggressionen im Südchinesischen Meer.

Zumindest ist im US-chinesischen Handelskrieg nun ein wenig der Druck raus. Doch der grundlegende Konflikt zwischen den zwei Weltmächten hat sich nicht geändert. Sämtliche der versprochenen Maßnahmen ließen sich im Handumdrehen umkehren. Und fast alle Zugeständnisse beider Seiten erlauben einen erheblichen Interpretationsspielraum in der Umsetzung.

Es braucht also nur wenig Vorstellungskraft, um zu erkennen, dass die derzeitige Détente schon bald wieder in eine hitzige Konfrontation münden könnte.

Diskrepanz zwischen Trumps Worten und Chinas Schweigen

Trump will von all der Skepsis natürlich nichts wissen. Laut seiner Aussage habe Xi sogar zugesagt, gemeinsam für ein Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zu kooperieren. In der Stellungnahme Chinas, das derzeit über 80 Prozent der „dual use“-Güter für Putins Kriegswirtschaft liefert, verliert man zu dem Thema keine einzige Silbe.

Was also stimmt? Die Antwort kennen bislang nur Xi und Trump selbst.

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