Dorothee Wenner über ihr Web-Projekt: Alles dreht sich um „Kizobazoba“

„Kinshasa Collection“ beleuchtet den unreguliert florierenden Textilhandel zwischen der Demokratischen Republik Kongo, China und Europa.

Von unten aufgenommen: eine Frau im Chanel-Shirt, vor einer Kamera

Eine Szene aus der Web-Serie Kinshasa Collection Foto: Nelson Makengo/Pong Film

taz: Frau Wenner, wie kamen Sie auf die Idee des Kinshasa-Projekts?

Dorothee Wenner: Vor drei Jahren habe ich in Kinshasa einen Workshop für Filmemacher geleitet. Eines Tages trug die Dame, die uns bekocht hat, ein rosa T-Shirt mit einem riesigen Gucci-Logo – und sah hinreißend darin aus. Sie erzählte mir, dass es in Kinshasa inzwischen billiger sei, sich mit „Gucci-pirate“-Garderobe aus China einzukleiden als mit den vergleichsweise teuren Second-Hand-Klamotten aus Europa. In der Mittagspause fing alles an …

Wen konnten Sie als Projektförderer gewinnen?

Es war eine dreijährige Odyssee, es gibt derzeit nur sehr wenige Fördermöglichkeiten für filmische Webprojekte. Wir haben eine dramaturgische Struktur entwickelt, die das Web wirklich nutzt: spielerisch, informativ, aber auch – und das ist neu – als Ort für temporäre Änderungen der Erzählperspektiven. Unsere Koproduzenten sind das Goethe-Institut Kinshasa im Rahmen der Exzellenzprojekte und der kongolesische Filmemacher Tshoper Kabambi. Schließlich hat es mit weiterer Förderung durch das TURN-Programm der Bundeskulturstiftung geklappt, auch das Medienboard Berlin-Brandenburg ist an Bord.

Die fünfteilige Web-Serie ist unter www.kinshasa-collection.com zu finden.

Die Dreharbeiten waren komplex und global. Wer machte alles mit, in welchen Ländern?

Wir haben in Kinshasa, Guang­zhou und in Berlin gedreht – mit chinesischen und kongolesischen Filmemachern, die auch eigene Kurzfilme für die Website produziert haben. Wir haben mit kongolesischen Sapeurs, Musikern, Designern und Stylisten zusammengearbeitet – vor und hinter der Kamera. In Berlin kommen auch deutsche Designer und eine südafrikanische Berlinerin als Kreativdirektorin der Fashion Show mit ins Team.

Unser Projekt dreht sich um das Lingala-Wort „Kizobazoba“. Das bezeichnet einen typisch kongolesischen Stil, sich zu kleiden. Etwa streetwear, kombiniert mit afrikanischen Elementen, dazu ein wenig Adidas an den Füßen oder ein Hauch Versace unterm Jackett – muss nicht zwingend original sein. Hauptsache, das Ergebnis sieht schick aus. Kizobazoba bedeutet in unserem Projekt aber auch: das Experiment einer neuen Form der Zusammenarbeit: transkontinental, mit Künstlern aus unterschiedlichen Disziplinen, zwischen Internet, Film und Live-Event.

Was passiert in der 2. & 3. Folge?

Das deutsche Team versucht einen Trailer über Kinshasa als Modemetropole zu drehen: unter Zeitdruck und mit begrenzten Mitteln. Sie nehmen ja an einer Ausschreibung teil, die zum Ziel hat, das Afrikabild in Deutschland zu modernisieren. Im Kongo erlebt das Team dann vieles von dem, was weiße Kulturschaffende kennen, die in afrikanischen Ländern arbeiten.

Alles ist hochgradig aufgeladen, kompliziert. Aber oft entstehen – angeheizt durch die Präsenz einer Kamera – eben auch Missverständnisse, die lustig, dramatisch oder manchmal vielsagender sind als das eigentliche Produkt. In unserem Fall gibt es mit den Kongolesen Krach, Inspiration – und eine Erpressung, die das Filmteam vor neue Herausforderungen stellt.

Heute gibt es in Berlin eine Modenschau, als Offspring des Projekts. Wie kam es dazu?

Es war uns wichtig, unser Web-Projekt an reale Erlebnisräume rückzukoppeln. Die Kinshasa Collection Fashion Show ist so ein Moment. Das Live-Event ist gleichzeitig eine Wirklichkeit gewordene Auskopplung aus der fiktionalen Serie, Vorschau auf kommende Ereignisse und Teil der filmischen Inszenierung. Die Veranstaltungsreihe „Wassermusik“ im HKW bietet für diese transmediale und transkontinentale Show den perfekten Rahmen.

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