Dortmund nach Klopp: Abnabeln leicht gemacht

Die Dortmunder Niederlage im Pokalfinale hat auch etwas Gutes: So erleichtert Jürgen Klopp dem Team und seinem Nachfolger den Neustart.

Jürgen Klopp winkt

Womöglich hat Jürgen Klopp wirklich einen guten Moment für seinen Abschied gewählt Foto: dpa

BERLIN taz | Er kam, anfangs etwas zögerlich, dann sehr gemessenen Schrittes. Und er kam mit leeren Händen. Nach einem Moment der Schockstarre hatte die still schweigende schwarz-gelbe Fankurve im Berliner Olympiastadion wieder zu ihrer Stimmgewalt zurückgefunden und den Trainer einberufen. Der Abschied von Jürgen Klopp stand plötzlich über allem – auch über dem gerade verpatzten Pokalfinale. Die Szene wirkte wie eine Illustration dessen, was Klopp vor Wochen zur Begründung seines Abschieds anführte: Sein Name sei zu groß geworden im Verein. Nach der 1:3-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg konnte es nur einen Dortmunder Gewinner geben: Jürgen Klopp.

Nur im Falle des Pokalsiegs hätten noch andere Helden neben ihm Platz gefunden. Marco Reus etwa brachte sich um eine exponierte Rolle, als er in der 19. Minute völlig alleinstehend den Ball über das Tor drosch. Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking bewertete diese Szene hernach als Schlüsselmoment, weil es das 2:0 für Dortmund gewesen wäre und es dann für sein Team „wohl schwierig geworden wäre“.

Im Grunde genommen konnte man in diesem letzten Spiel die Ära Klopp wie unter einem Brennglas noch einmal studieren. In der Anfangsphase schüchterte der BVB die Wolfsburger mit seinen berüchtigten systematischen frühen Störattacken ein – wie zu besten Zeiten. Nach der mäßigen Saison schien das Team rechtzeitig zum Finale wieder zu Leidenschaft und Selbstbewusstsein zurückgefunden zu haben.

Doch mit dem von BVB-Torhüter Mitch Langerak begünstigten Ausgleich schwand zunehmend der Glaube an die eigene Stärke. Das Dortmunder Spiel verlor seine Emotionalität. Die Mechanismen folgten zwar noch dem gleichen Plan, sie wurden aber nicht mehr von der Überzeugung der Ausführenden getragen. Die Gelb-Schwarzen wurden zu berechenbar und die Fehler häuften sich. Genau mit diesem Problem hatten die Westfalen nach überaus erfolgreichen Jahren in der Vergangenheit in dieser Saison schon lange zu kämpfen. Aus einer Krönung des Klopp’schen Gesamtkunstwerks wurde nichts.

Loslassen tut weh, muss aber sein

Auf längere Sicht könnte das Ausbleiben des Schlusstriumphs allerdings von Vorteil für Dortmund sein. Es erleichtert den Abnabelungsprozess vom Übervater Klopp. Die kommende Saison beginnt schon mit einer Strafrunde: Die Qualifikationsrunde für die Europa League. Klopp sagte: „Ich hätte das den Jungs mit einem Pokalsieg gern erspart.“ Doch das kommt dem neuen Trainer Thomas Tuchel zugute. „Wir haben keine hohe Messlatte gelegt“, räumte Klopp zerknirscht ein.

Langjährige Beziehungen haben ihre Tücken. Oft treten diese, wie im Dortmunder Fall, unvermutet auf, obwohl alle Welt zuvor noch von der perfekten Verbindung geschwärmt hat. Jürgen Klopp gab am Samstagabend einen kleinen Einblick, wie sehr ihn da schon der Trennungsschmerz erfasste: „Ich habe gemerkt, dass es mir total schwer fällt, sie wieder loszulassen.“

Den BVB-Spielern – das hat auch das Finale gezeigt – wird wieder die Luft zum Atmen gegeben. Die Überhöhung Klopps war selbst seinem Kollegen Dieter Hecking zu viel: Klopp habe ja selbst genug von der Aufregung um den Weggang, „warum sollen wir eine Abschiedsparty machen?“, fragte Hecking. „Was machen wir denn, wenn er zurückkommt? Eine Willkommensparty?“

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