Durchsuchungen bei Rechtsextremen: Razzia bei Ex-V-Leuten

Rechtsextreme sollen 600.000 Euro ergaunert haben – unter ihnen zwei frühere Informanten des Verfassungsschutzes. Ermittelt wird wegen „gewerbsmäßigen Bandenbetrugs“.

Gewerbsmäßiger Bandenbetrug? Die Polizei durchsuchte Häuser unter anderem von Ex-V-Männern aus der rechtsextremen Szene. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Polizei hat am Mittwoch Wohnungen und Geschäftsräume im thüringischen Rudolstadt und in Leipzig durchsucht. Dabei geht es um Ermittlungen wegen „gewerbsmäßigen Bandenbetrugs“, bei dem von Versicherungen mehr als 600.000 Euro ergaunert worden sein sollen – von denen mehrere Hunderttausend bereits in die rechtsextreme Szene geflossen sein könnten. Äxte, Schwerter, eine Armbrust und ein Gewehr wurden beschlagnahmt.

Besonders brisant wird die Angelegenheit dadurch, dass unter den Beschuldigten Tino Brandt ist, der von 1994 bis 2001 dem Thüringer Verfassungsschutz unter dem Aliasnamen „Otto“ als V-Mann diente. Brandt war von April 2000 an eine Zeit lang sogar Vizechef der Thüringer NPD – und einer der V-Leute, an denen das erste Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme Partei scheiterte.

Doch Brandt spähte als NPD-Kader nicht nur die eigene Partei aus, sondern führte zuvor lange den „Thüringer Heimatschutz“, dem auch die späteren Rechtsterroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe angehörten. Brandt lieferte dem VS auch weiter gegen Geld Infos, als diese 1998 in den Untergrund gingen. Die Untersuchungsausschüsse in Berlin und Erfurt werden sich für seine Rolle interessieren.

Anzeige einer Versicherung

Auch bei dem Ex-NPD-Landeschef und Nazi-Anführer Thomas Dienel rückte am Mittwoch die Polizei an. Dienel hatte unter dem Decknamen „Küche“ dem Thüringer VS Informationen geliefert und soll dafür fast 25.000 D-Mark bekommen haben.

Das Verfahren ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft Gera unabhängig von den NSU-Ermittlungen. Es geht auf die Anzeige einer großen deutschen Versicherung von Mitte 2011 zurück, die bei eigenen Ermittlungen stutzig geworden war.

Laut Staatsanwaltschaft wollten die 13 Beschuldigten mehr als eine Million Euro ergaunern, indem sie zum Schein drei Firmen gründeten, die aber keine oder nur marginale Geschäfte tätigten. Die in den Firmen eingestellten Mitarbeiter meldeten nach kürzester Zeit angebliche Arbeitsunfälle – für diesen Fall hatten sie Unfallversicherungen mit ungewöhnlich hohen Auszahlungssummen abgeschlossen.

Rund 400.000 Euro der mutmaßlich ergaunerten mehr als 600.000 Euro sollen bereits abgehoben worden sein. Geklärt werden müsse, ob dieses Geld an rechtsextreme Gruppen oder gar an den NSU geflossen sei, so die Staatsanwaltschaft. Bisher gebe es dafür aber keine Hinweise.

Die Landesregierung müsse nun „umfassende Öffentlichkeit über die Machenschaften von Thüringer Neonazis und ehemaligen Spitzeln herstellen“, forderte die Linkspartei im Thüringer Landtag.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.