EAST SIDE GALLERY II: Mauer frei zur Adoption

Weitere Schuldzuweisungen wegen Abriss im Kulturausschuss. Stiftung Berliner Mauer soll die East Side Gallery übernehmen.

Ein Debattenbeitrag vom Spreeufer, März 2013. Bild: dpa

Zumindest von einer Seite bekommt Friedrichshain-Kreuzbergs Bürgermeister Franz Schulz (Grüne) an diesem Montag recht. Schulz hat da gerade dem Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses die zwanzigjährige Geschichte der Grundstücke rund um die East Side Gallery erzählt.

„Das hat er ganz richtig dargelegt“, sagt ausgerechnet Manfred Kühne, Abteilungsleiter in der SPD-geführten Senatsverwaltung für Stadtentwicklung von Michael Müller. Dabei feuert vor allem die SPD seit einer Woche gegen Schulz: Sein Planungschaos sei verantwortlich für die ursprünglich geplanten neuen Durchbrüche in der Mauergedenkstätte.

Der Kulturausschuss wollte sich eigentlich mit dem Kampf gegen immer neue Graffiti auf den Mauerresten beschäftigen. Die Ereignisse haben sich in den vergangenen Tagen und Wochen jedoch überschlagen: 6.000 Menschen demonstrierten gegen die geplante Bebauung des Uferstreifens, nun reden auch die Kulturpolitiker darüber. „Wir haben das Thema East Side Gallery bisher mächtig verschlafen“, sagte die Grüne Sabine Bangert am Montag.

Komplettes Bauland

Ihr Parteikollege Schulz ist da anderer Meinung. Seit mehr als zehn Jahren bemühe er sich in Kooperation mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung um Aufkäufe von Grundstücken, damit der alte Plan nicht Wahrheit wird: den ehemaligen Todesstreifen komplett zu Bauland zu machen.

So sah es ein städtebaulicher Wettbewerb 1992 vor, so hatte es SPD-Bausenator Peter Strieder 1999 in das verbindliche Planwerk Innenstadt übernommen. Strieder war es auch, der dem Bezirk 2000 verordnete, die baurechtlichen Voraussetzungen für ein Hochhaus und einen Gebäuderiegel zwischen Spree und Mauer – heute Anstoß des Protestes – zu schaffen. So steht es in einem Dokument, das die Grünen zusammen mit einer zehnseitigen Chronologie vorgelegt haben. „Als Bezirk hatten wir keine Möglichkeit, uns dagegen zu wehren“, sagt Schulz.

SPD und CDU bleiben bei ihren Schuldzuweisungen gegen Schulz. Weil der Bezirk mit dem Erhalt der East Side Gallery offensichtlich überfordert sei, solle sich in Zukunft die Stiftung Berliner Mauer um sie kümmern. Die ist bisher für die Gedenkstätten an der Bernauer Straße und das Notaufnahmelager Marienfelde zuständig und bräuchte eine Änderung ihres Stiftungszweckes. „Ich halte das für eine sehr gute Idee“, sagt Kulturstaatssekretär André Schmitz.

Auch mit dem ausgehandelten Kompromiss für die Zufahrtswege der entstehenden Häuser scheinen die meisten Parlamentarier zufrieden: Kein neuer Mauerdurchbruch, dafür wird ein alter von fünf auf elf Meter ausgedehnt. „Das ist eine Scheinlösung, den Menschen geht es hier um komplett öffentlichen Raum“, sagt die Grüne Katrin Schmidberger. Doch Tauschgrundstücke zugunsten eines unbebauten Todesstreifens will der Senat nach wie vor nicht zur Verfügung stellen.

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