EM-Qualifikation der Frauen: Heilfroh aus dem Hinterhalt

Nach der mühelosen EM-Qualifikation weiß keiner, wie stark das deutsche Team ist. Für Bundestrainerin Neid sind Schweden und Frankreich die Titel-Favoriten.

„Das Tal der Tränen“, das Viertelfinalaus bei der Heim-WM 2011, sei nun wirklich verarbeitet, findet Bundestrainerin Silvia Neid. Bild: dpa

DUISBURG taz | „Blaue Stunde“ nennt sich gemeinhin die Prozedur, die nach einem Länderspiel auch bei der Frauen-Nationalmannschaft abgehalten wird. Nach dem finalen 10:0 (3:0)-Kantersieg gegen überforderte türkische Fußballerinnen haben DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg und Bundestrainerin Silvia Neid im kleinen Kabinenzirkel der Duisburger Arena nicht nur nette Worte gefunden, um ihren Spielerinnen für ihren immensen Torhunger in der EM-Qualifikation (64:3) zu danken und die obligatorische Erinnerungsmedaille zu überreichen, sondern am Ende haben noch Blumen den Besitzer gewechselt.

Ganz offiziell verabschiedeten die Verantwortlichen den Pressesprecher Niels Barnhöfer, der schöne wie schwierige Zeiten in seinem Metier mitgemacht hat. Zu Letzterem hat die Aufgabe gezählt, den Ansturm im vergangenen WM-Jahr zu kanalisieren. Niemand darf das offiziell sagen, aber im Grunde sind alle Beteiligten irgendwo heilfroh, dass die letztlich souveräne geglückte EM-Teilnahme ganz ohne die totale mediale Vereinnahmung vom WM-Turnier vonstatten ging.

Oft genug hat Silvia Neid gebetsmühlenartig wiederholt, damals hätten alle dem öffentlichen Druck nicht standgehalten, und deshalb beteuerte die 48-Jährige auch trotzig, bei der EM in Schweden (10. bis 28. Juli 2013) bitte schön nicht als Favorit angesehen zu werden. Sie erklärte: „Das sind Schweden und Frankreich.“

Sie möchte nur daran erinnern, dass der Gastgeber mit Pia Sundhage eine „hervorragende Trainerin“ bekommen habe und der Geheimfavorit ein „wunderbares Kombinationsspiel“ aufführe, dass „Japan-ähnlich“ sei – also weltmeisterlich. Aber ist „die auf jeder Position doppelt besetzte“ (Silvia Neid) DFB-Auswahl nicht fünfmal hintereinander Europameister geworden?

Zwei Härtetest kommen noch

„Der deutsche Frauenfußball steht nicht schlecht da“, räumte die Trainerin ein, und „das Tal der Tränen“, das Viertelfinal-Aus bei der Heim-WM, sei wirklich verarbeitet, doch erst die zwei Härtetests beim Olympiasieger und Weltranglistenersten USA (20. und 23. Oktober) und ein Prestigeduell gegen Frankreich würden wirklich Aufschluss über das aktuelle Standing geben.

„Wir brauchen Gegner, von denen wir lernen.“ Das ungleiche Schaulaufen gegen die Qualifikationsgegner wie Rumänien, Türkei oder Kasachstan, wo der Frauenfußball noch ein zartes Pflänzlein ist, lieferte kaum Anhaltspunkte. Nutzen aus dem letzten Scheibenschießen vor lediglich 6.467 Augenzeugen am Mittwoch zog eigentlich nur Jubilarin Martina Müller, die ihr 100. Länderspiel mit drei Treffern krönte.

„Natürlich wollen wir wieder Titel ins Visier nehmen“, insistierte die als Edeljoker agierende 32-jährige Wolfsburgerin. Die ebenfalls eingewechselte Kim Kulig, die kläglich einen Elfmeter vergab, empfahl hingegen, „bescheiden zu bleiben“.

Zu prägend sei die Erfahrung von 2011 gewesen, als die gigantische Anteilnahme letztlich in eine Lähmung mündete. „Wir kommen diesmal besser aus dem Hinterhalt“, sagte die 22-jährige Frankfurterin, die wegen ihres komplizierten Kreuzbandrisses aus der WM 2011 ein doppeltes Trauma zu bewältigen hatte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.