EU-Beschränkung von Banker-Boni: Britannien gibt den Schurkenstaat

Das Inselreich hat beim EuGH Klage gegen die geplanten Bonus-Obergrenzen eingereicht. Das macht EU-Politiker sauer. Sie unterstellen der Regierung Cameron Lobbypolitik.

Londons City: Wer hinter diesen Fassaden sitzt, möchte ungern auf sein Zusatzzuckerl verzichten. Bild: reuters

BRÜSSEL/LONDON dpa | Die Klage der britischen Regierung gegen die europaweite Begrenzung von Bonuszahlungen für Banker sorgt in Brüssel für neuen Ärger. Der Gang zum höchsten EU-Gericht sei „ein durchsichtiges innenpolitisches Manöver ohne Substanz“, kritisierte der konservative Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas, in ungewöhnlicher Schärfe. Der SPD-Europaparlamentarier Udo Bullmann nannte das Vorgehen eine „letzte Verzweiflungstat“. Die Volksvertretung war bei der Gesetzgebung eingebunden.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigte am Donnerstag, dass Großbritannien bereits am 20. September Klage gegen die Obergrenzen eingereicht habe (Rechtssache C-507/13). Sie habe keine aufschiebende Wirkung für die Regeln, die am 1. Januar 2014 in Kraft treten sollen. Verfahren vor dem EuGH dauern in der Regel ein bis zwei Jahre.

Laut Gericht wendet sich London gegen die Vorgaben zweier EU-Gesetze vom Juni, die die Tätigkeit von Banken regeln. Darin wird die Zahlung von Boni an Mitarbeiter von Banken und Investmentfirmen auf maximal zwei Jahresgehälter begrenzt. Diese Vorgaben sind nach Ansicht Londons nicht vom EU-Recht gedeckt.

„In den monatelangen Verhandlungen haben die Briten die nun angeführten Argumente nie gebracht“, resümierte der Parlamentarier Karas. Der SPD-Parlamentarier Bullmann sagte: „Statt den britischen Bankensektor neu aufzustellen, betreibt die britische Regierung weiter Lobbypolitik.“

Unterhaus will noch Details prüfen

London hatte lange Widerstand gegen die Gesetzgebung geleistet und fürchtet um die internationale Bedeutung seines Finanzplatzes. Ein Argument lautet, dass statt der Boni die Fixgehälter für Banker erheblich steigen werden. Damit würden die auch international anerkannten Anstrengungen zur Stabilisierung des Bankenwesens in Großbritannien konterkariert.

Wie Diplomaten berichteten, verzögert London auch die Schaffung einer gemeinsamen Aufsicht für Großbanken der Eurozone. Die EU-Minister für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft konnten in Brüssel nicht wie eigentlich geplant die nötigen Texte unter Dach und Fach bringen. Das britische Parlament wolle noch Details prüfen, hieß es. Eine Debatte zu dem Kompromiss für die Aufsicht, der bereits vom EU-Parlament gebilligt wurde, war in der Ministerrunde nicht vorgesehen. Nun müssen wohl die EU-Finanzminister Mitte kommenden Monats die Texte absegnen.

Der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold kritisierte den britischen Bremskurs im Ministerrat. „Die Prüfung eines Abkommens ist grotesk. Es ist seit Wochen praktisch ausverhandelt und gibt britischen Europaabgeordneten Rechte gegenüber der EZB-Bankenaufsicht, bei der Sie nicht mal mitmachen.“

Die Europäische Zentralbank (EZB) soll vom September kommenden Jahres an die etwa 130 wichtigsten Geldhäuser der Eurozone direkt beaufsichtigen. Den Rechtstexten müssen alle 28 EU-Staaten zustimmen.

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