EU-China-Gipfel vielleicht ohne Ergebnis: Kein Wohlfühltreffen

Die Europäer wollen auf dem Gipfel gegenüber China in Handelsfragen künftig härter auftreten. Zwischen den Gesprächspartnern herrscht Misstrauen.

Die Fahnen Chinas und der EU

Die EU-Kommission hat das Reich der Mitte zum „systemischen Rivalen“ erklärt Foto: imaog-images/Blickwinkel

BRÜSSEL taz | Menschenrechte und geistiges Eigentum: Das waren früher die größten Streitthemen zwischen der Europäischen Union und China. Doch beim EU-China-Gipfel am Dienstag in Brüssel ist die Liste der Konflikte viel länger. Das Treffen der EU-Spitzen mit Chinas Regierungschef Li Keqiang dürfte schwierig werden und könnte sogar ergebnislos enden.

Das wäre zwar nichts Neues: Schon der letzte EU-China-Gipfel 2017 scheiterte bei der Einigung auf eine gemeinsame Abschlusserklärung. Doch diesmal ist die Großwetterlage völlig anders. Das Klima ist rauer geworden.

Die USA haben China in einen Handelskrieg verwickelt, der die Weltwirtschaft belastet und den europäischen China-Handel erschwert. Auch hat die EU-Kommission das Reich der Mitte zum „systemischen Rivalen“ erklärt.

Sah man in Brüssel früher lächelnd darüber hinweg, dass China von der Kommunistischen Partei regiert wird und seine Unternehmen staatlich lenkt, gilt dies jetzt als Problem. Die Zeit der Naivität sei vorbei, heißt es in Brüssel. Die EU müsse ihre Wirtschaft schützen.

Versucht China die EU zu spalten?

Der Sinneswandel hat Gründe. Chinas groß angelegte Seidenstraßen-Initiative gehört ebenso dazu wie die Übernahme des deutschen Roboterbauers Kuka. Von einer versuchten Spaltung der EU und einem Ausverkauf strategisch wichtiger Unternehmen in Deutschland ist die Rede.

Gleichzeitig hat sich der Blick auf die chinesische Wirtschaft und Politik verändert. Schwärmten deutsche Manager früher begeistert von der wirtschaftlichen Dynamik, klagen sie nun über Restriktionen beim Marktzutritt.

Die EU-Kommission sieht China inzwischen als „systemischen Rivalen“

Und während die Bundesregierung früher optimistisch zu „Regierungskonsultationen“ nach Peking reiste, wird heute jedes Treffen mit chinesischen Politikern argwöhnisch beobachtet, als handele es sich um Feindkontakte.

Jüngstes Beispiel ist das Treffen zwischen Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte und Chinas Staats- und Pateichef Xi Jinping. Sie unterzeichneten eine Vereinbarung zur Seidenstraße sowie Wirtschaftsabkommen und Kaufverträge. „Italien ist endlich mal Erster“, hieß es in Rom. „Italien begibt sich auf einen gefährlichen Sonderweg“, lautete dagegen die Sorge in Brüssel.

Dass es auch anders geht, zeigte vor kurz Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron. Zu seinem Treffen mit Xi Jinping in Paris lud er Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hinzu. Man erwarte, das China „die Einheit der EU“ wie auch ihre Werte respektiert, sagte Macron in Peking. Merkel mahnte eine „Agenda des Vertrauens“ an.

Von Vertrauen kann derzeit keine Rede sein

Doch von Vertrauen kann derzeit kaum die Rede sein, wie die Vorbereitungen zum EU-China-Gipfel zeigen. Die EU wirft China vor, keine ausreichenden Zusagen bei Fragen des Marktzugangs und zu fairen Wettbewerbsbedingungen für europäische Unternehmen zu machen. Zudem verweigere Peking eine Verpflichtung auf eine „ernsthafte Reform“ der Welthandelsorganisation WTO.

China hält dagegen – und verweist auf die außenpolitische Kooperation. Im Handelsblatt nannte Li Keqiang das Pariser Klimaabkommen, die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung, das Festhalten am Atomabkommen mit dem Iran sowie die Bekämpfung des Terrorismus. In all diesen Bereichen sei China bereit, eng mit der EU zu kooperieren.

Li wies auch den Vorwurf zurück, Peking wolle die EU spalten. „Wir unterstützen nachdrücklich den europäischen Integrationsprozess in der Hoffnung auf ein vereintes und prosperierendes Europa“, erklärte er. Im Jahr 2018 hatte ein Treffen der chinesischen Führung mit Regierungschefs nur aus 16 Ländern in Mittel- und Osteuropa aber einen ganz anderen Eindruck erweckt.

Vor dem Gipfel in Brüssel zeichnet sich nun eine Art Doppelstrategie ab: In der Außenpolitik will die EU weiter eng mit China zusammenarbeiten – nicht zuletzt, um Angriffe von US-Präsident Donald Trump auf das multilaterale System abzuwehren. In der Wirtschaft hingegen wollen die Europäer härter auftreten als bisher.

„Der EU-China-Gipfel darf kein Wohlfühl-Meeting für schöne Bilder sein“, warnt Jo Leinen, SPD-Abgeordneter und Vorsitzender der China-Delegation im Europäischen Parlament. Das Treffen müsse konkrete Ergebnisse liefern – „bei Handelsbeziehungen, Cybersicherheit und Klimaschutz“. Doch noch am Vorabend der Begegnung in Brüssel war unsicher, ob dies auch tatsächlich gelingt.

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